Das Buch “Yoga für Kinder und Jugendliche” von R. Sriram und Kornelia Becker-Oberender trägt den Untertitel “Pädagogik für das Leben: Ausgeglichenheit, Konzentration und Selbständigkeit”. Möchte man entspannte Erwachsene, lohnt es sich, bei den Kinder zu beginnen.
Westliche Pädagogik und östliches Yoga
“Yoga für Kinder und Jugendliche” beschäftigt sich mit westlicher Pädagogik und östlichem Yoga. Es eröffnet mit einem Zitat von Maria Montessori „Die Aufgabe der Umgebung ist es nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren“ und möchte damit eine an Kinderbedürfnisse angepasste Praxis anbieten, die ihnen einen achtsamen und bewussten Umgang mit ihrem Körper, Atem und Geist vermittelt. Mit Yoga ist es mögliche, Kinder in ihrer körperlichen, privaten und schulischen Entwicklung zu begleiten und ihre Wahrnehmung zu erweitern. Sie lernen im Alltag gelassen, aber auch mit Disziplin an etwas dran zu bleiben.
Yoga für Kinder statt Kinderyoga
Sriram ist es wichtig, Yoga klassisch zu lehren – auch für Kinder. Das bedeutet man kombiniert nicht irgendwelche Selbsterfahrungsmethoden oder Fantasiereisen mit Körperübungen des Yoga, sondern bleibt in der Wahrnehmung dessen, was ist. Also ein Yoga für Kinder und kein Kinderyoga! Zum Tragen kommen Wahrnehmungsübungen, Körper- und Atemübungen, Rückzug der Sinne und Konzentration auf ein Meditationsobjekt wie auch in Yogastunden für Erwachsene, nur eben angepasst an kindliche Bedürfnisse: Man kann mit ihnen philosophieren, sie ganz in ihren Körper führen, den Atem erleben lassen. Im Gespräch kann man nachdenken über Erlebtes und wie sie damit umgehen, welche Haltung ihnen dazu einfällt.
Yoga für Kinder und Jugendliche
Die Kombination ist genial: Das westliche Wissen der Pädagogik von Kornelia Becker-Oberender und die Kunst des Yoga von Sriram, der ein langjähriger Schüler von T.K.V. Desikachar und dessen Vater, Krishnamacharya, war, fördert Interessantes zu Tage: Nach jedem Kapitel interviewt Kornelia Becker-Oberender Sriram und vergleicht die moderne Pädagogik mit der Herangehensweise im Yoga für Kinder und Jugendliche. Dabei wird klar, dass beide ähnliche Ansätze haben und sich gut ergänzen. Der erste Teil des Buches beschäftigt sich mit der persönlichen Entwicklung und Bildung des Kindes. Besondere Beachtung finden dabei die sechs wichtigsten Lernfelder der Entwicklung eines Kindes und die Rolle, die Yoga dabei spielen kann:
- Körperwahrnehmung (Selbstwahrnehmung),
- Widerstandskraft (Selbstregulation),
- Selbstachtung (Personale Kompetenz, Selbstbewusstsein),
- Beziehungsfähigkeit (Soziale Kompetenz – Wahrnehmung anderer und Bindung),
- Aufmerksamkeit (Emotionale-mentale Kompetenz, Kommunikation)
- Identitätsfindung (Lernmethodische Kompetenz, Selbstreflexion).
Im zweiten Teil des Buches geht es um das pädagogische und didaktische Konzept des Yoga für Kinder un Jugendliche: Yoga im Gruppenunterricht, als Schulfach oder individuell, und darum, welche Ausbildung der Yogalehrende benötigt, um sie wirklich begleiten zu können. Das Buch ist ein wahrer Schatz!
Ein äußerst erkenntnisreiches und wertvolles Buch! Ich finde es sehr hilfreich bei einer gut überlegten Gestaltung vom Yoga-Unterricht für Jugendliche (sicher auch für Kinder).
Der einzige Punkteabzug gilt der Gestaltung – die Lesbarkeit ist nicht die beste. Wenn man sich aber doch durchgekämpft hat, wird man reich belohnt
Julia