“Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart, der bedeutendste Mensch ist immer der, der dir gerade gegenübersteht, und das notwendigste Werk ist immer die Liebe.”
Meister Eckhart
Spirituelle Praxis im Alltag
Maitri nennt man es im Yoga: Mitfühlende Liebe. Meister Eckart setzte den “Seelengrund” eines jeden Menschen als göttlich voraus, das Göttliche wäre also in jedem von uns. Das stand im krassen Widerspruch zur damals gängigen Kirchenlehre, die besagt, dass alles von Gott erschaffen sei. Seine Gedanken sind bis heute interessant und regen dazu an, sich im Alltag mit diesen Dingen zu beschäftigen. Sie ähneln in Vielem yogischen und buddhistischen Ideen, eröffneten jedoch im Spätmittelalter in Europa die Auseinandersetzung mit den vorherrschenden (Kirchen-)Konzepten.
Gott und Seele
Seine Reden und Schriften handeln vor allem vom Gott und der Seele. Wie kann man im Alltag spirituell leben? Je mehr man über seine Seele forscht, umso näher kommt man dem Göttlichen, aber nicht auf abstrakte Weise von der Kanzel herunter, sondern jeder für sich selbst. Es geht wie im Yoga um Erkenntnis und Unterscheidungsfähigkeit (Viveka). Der innerste Teil der Seele, nicht die ganze Seele, ist ewig und unteilbar, und dort ist Stille. So sieht man auch im Yoga durch die Überwindung von Maya auf den eigentlichen Kern, die Seele, den Atman oder Brahman, und erreicht ihn durch das Zur-Ruhe-kommen des Geistes, also ebenfalls Stille. Vielleicht praktizierte Meister Eckhart schon Yoga?
Andere Bereiche des Seins
Die äußeren Schichten (im Yoga könnte es das Konzept der Koshas sein) stehen für andere Bereiche des Lebens wie Sinneswahrnehmungen, Denken, Begehren oder Wille. Sie treten mit der materiellen Welt in Verbindung. Indem man die Seele erkennt erlangt man Selbsterkenntnis, doch nicht indem man sein Denken bemüht, sondern über Kontemplation, einer Innenschau, also yogisch-buddhistisch durch Meditation. Man wird eins mit dem Meditationsobjekt, in diesem Fall mit dem göttlichen Kern der Seele.
Intellekt und Erkenntnis
„Die Frucht von Loslassen ist die Geburt von etwas Neuem.” Meister Eckhart
Man muss die Idee eines Meditationsobjekts erkennen, nicht bei der äußeren Form hängen bleiben. Und das Wissen um die Idee oder die Quintessenz eines Objekt liegt jeder Seele zugrunde. Tief in uns drin haben wir alles Wissen, das wir benötigen. Nur orientieren sich leider die Sinne immer nach außen, der Intellekt, der die Unterscheidungsfähigkeit besitzt wird abgelenkt. deshalb sind Innenschau, Kontemplation und Meditation in allen Philosophien so wichtig. Für Meister Eckhart ist die Seele der Inbegriff des Lebens als direkter Ausdruck Gottes, also besitzt jeder etwas Göttliches.
Meister Eckhart
Eckhart von Hochheim kennt man fast nur unter Meister Eckhart. Er war Dominikaner, Theologe und Philosoph und lebte von 1260 bis 1328. Zum Ende seines Lebens wurden einige seiner Gedanken als Irrlehren bezeichnet, er wurde angeklagt und es kam zu einem Inquisitionsprozess. Er starb bevor ein Urteil gefällt wurde.