Wozu tönen wir OM im Yoga?

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Manch einer, der neu zum Yoga kommt, fragt sich, warum wir OM tönen. Was hat das mit uns hier im Westen zu tun?

OM, Yoga und Spiritualität

Viele beginnen aus einem körperlichen Bedürfnis heraus mit Yoga oder werden von einer Freundin mitgeschleppt. Wie fühlen sie sich dann, wenn ihnen OM, Mantras und Co. präsentiert werden? Solche Art wird unter Esoterik oder Spiritualität verortet und schreckt manch einen ab. Sie suchen dann einen Yogalehrer, bei denen sie nicht singen “müssen”. Doch Singen ist ein menschliches Grundbedürfnis und hat nicht nur eine Funktion. Wer im Chor singt, weiß das, und kommt hoffentlich mit dem Tönen im Yoga gut zurecht. Aber wie steht es mit der Silbe OM? Anders als ein Mantra klingt sie eher nach “Amen”. Jetzt wird es gefährlich reloigiös! Tatsächlich stammt es von Sasnkrit Atman oder OM ab. Es bedeutet eigentlich nur “so sei es”.

Mantras und Pranava OM

Zu Beginn und am Ende einer Stunde werden Mantras gesungen oder das OM getönt. Mantras sollen das Positive heraufbeschwören, indem man seine Aufmerksamkeit darauf richtet. Tönt man ein Mantra immer wieder, manifestieren sich dessen Eigenschaften. Wie Gebete beispielsweise. Man nimmt dafür Gebete an Götter, deren Eigenschaften man für sich gern hätte, genau wie mit den Ave Marias und den Rosenkränzen der christlichen Lehre. Nichts Anderes! OM jedoch hat im asiatischen Raum viele verschiedene Bedeutungen. Das Pranava OM steht für den Urklang, der das Universum entstehen lies. Oder für die drei Gottheiten Brahma, Vishnu und Shiva, also Schöpfer, Bewahrer und Zerstörer. Oder es es steht für die unterschiedlichen Bewusstseinszustände: Wachbewusstsein, Traum und Tiefschlaf. Oder, oder, oder.

Wozu tönen wir also OM?

Mantras sind machtvoll und werden deshalb in Asien als heilig angesehen. Wir kennen das hier auch: Man wünscht jemandem eine gute Besserung oder viel Glück und möchte damit einen guten Einfluss heraufbeschwören. Die Funktion dieser machtvollen Worte oder Silben liegt in in ihrer positiven Ausrichtung für denjenigen, der sie spricht, und für den sie ausgesprochen werden. Man muss noch nicht mal daran glauben, man muss es nur ausprobieren. Je nachdem, wie diszipliniert man täglich übt, ändert sich die innere Haltung zum Leben. Und die Wirkung setzt ein! Bei OM kommen wir in eine Schwingung, die uns ebenfalls in Resonanz mit dem Universum bringen. Wir schwingen uns ein: auf uns selbst, die Gruppe, mit der wir Yoga üben oder eben auf das Weltall.Mich bringt OM immer wieder in meine Mitte. Das ist heilsam für mich und meine Umgebung.

Wie ist die Wirkung?

Durch die Konzentration auf das Mantra oder OM, hört das Denken auf. Man kann nicht tönen und dabei denken. Wenn doch, liegt es an der Konzentration: Sind Sie voll dabei? Auch der Rhythmus im Tönen, Lautstärke und Tonhöhe spielen dabei eine Rolle. Man merkt wie es einem selbst geht, wenn man regelmäßig tönt und sich selbst dabei lauscht. Es zentriert und erdet, man kommt ins Hier und Jetzt. Das erschafft eine große Ruhe im Geiste und Klarheit, wie man sie sonst nur durch Meditation erreichen kann. Die Ruhe im Geiste ist das Ziel im Yoga, der Meditation und eben auch beim Mantra-Tönen. OM ist das leichteste und sehr machtvoll. Auch die Sanskritnamen der Asanas sollen ausgesprochen werden, damit die Asanas beim Üben ihre Wirkung vollends entfalten können.

Und wenn ich aber OM nicht mittönen möchte?

Keiner muss mitmachen, Singen und Tönen liegt nicht jedem. Dann ist Lauschen ein wunderbarer Ersatz. Ich mochte das zu Anfang auch nicht besonders. Inzwischen freue ich mich immer darauf, wenn im Unterricht getönt und gesungen wird. Ich musste meine Stimme erst kennenlernen, akzeptieren und dann schulen. Eine eigene Stimme zu entwickeln, bedeutet sich selbst ernst zu nehmen, gehört zu werden und sich Raum geben. Oder man meditiert auf das OM-Symbol, das sich eigentlich aus A–U–M zusammensetzt: Seine Kurven und Punkten beschreiben die drei Bewusstseinszustände

A = Wachsein
U = Traum
M = Schlaf

Der kleine Halbmond links darüber steht für Maya, den Schleier der Illusion, und der kleine Punkt darüber für den vierten, transzendenten Zustand. Dann hat man es geschafft!

Probieren Sie es doch aus: Laut, leise, flüstern oder in Gedanken (tonlos). Alles ist erlaubt, um die Wirkung zu erforschen.

Annette Bauer

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