Ging es bisher immer um Disziplin, Ausdauer und Selbsterforschung, so soll es heute um die Früchte des Yoga gehen. Was gibt einem Yoga? Was kann ich erwarten und worauf hoffen? Klar, ich werde flexibler im Körper und im Geist, aber wie setze ich den Rest im Alltag um? Grau ist alle Theorie.
Freiheit, ist die einzige, die fehlt
Es geht natürlich um Freiheit, so viel ist schon mal klar. Aber was bedeutet denn Freiheit im Alltag? Da sind wir wieder bei den fünf Kleshas, die verhindern, dass man frei entscheiden kann. Hat man die fünf Hindernissen aus dem Weg geräumt, ist der Angst vor dem Tod, den Anhaftungen und Abneigungen, der falschen Selbstannahme und Unwissenheit entegengetreten, kann man sich zum ersten mal im Leben frei entscheiden. Das beginnt bei der Wahl des richtigen Essens, der gesunden Lebensweise, einem Beruf der der eigenen Berufung Rechnung trägt und endet mit der Wahl des richtigen Partners und einem sozialen Umfeld, das einem gut tut. Die Selbstbeherrschung bei diesen fünf Hindernissen ermöglicht uns erst diese Freiheit, nachzulesen beispielsweise in der Bhagavad Gita.
Die Früchte des Yoga
“Ein wenig von der Weisheit des Yoga rettet aus großer Gefahr.“
Bhagavad Gita
Von Gandhi gibt es eine Übersetzung der Bhagavad Gita, die den Frieden im Fokus hat, obwohl ja die Handlung kriegerisch ist. Es geht dort um die Auseinandersetzung auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra: Gott Krishna sagt dem Krieger Arjuna, dass jeder seine ihm gestellte Aufgabe im Leben erfüllen muss. Also muss Arjuna nun gegen seine eigenen Verwandten kämpfen? Das bleibt offen, und das nutzt Gandhi, um den Diskurs weit zu öffnen. Er hat seine Version der Bhagavad Gita seinen Anhänger nicht selbst hinterlassen, es ist eine Mitschrift aus Vorträgen und leider bisher nur auf Englisch erhältlich. Er erhellt mit seinen Gedanken, die so präzise und nachvollziehbar sind, dieses philosophisch-komplexe Werk. Ich vertsehe den Grundtenor so, dass er Gottesfurcht und Vetrauen an erste Stelle setzt, dann folgen die richtigen Handlungen automatisch. Der Trick dabei ist “Handeln im Nicht-Handeln”.
Handeln im Nicht-Handeln
Wie geht beispielsweise essen im Nicht-Essen? Hört sich kompliziert an, also ein Beispiel: Der eine isst vielleicht und liest währenddessen ein Buch, dann bekommt er nicht mit, was er isst und steckt sich den Bissen in die Nase. Ein anderer isst sehr konzentriert, er achtet auf das Was und das Wie er isst, aber auch isst er nicht im Nicht-Essen. Wieso, er macht doch alles richtig? Allein jemand, der sein Essen dem Leben zur Verfügung stellt, also isst, um anderen zu dienen, isst wirklich im yogischen Sinne der Bhagavad Gita. Man folgt dem Dharma, verfolgt dabei ethische Regeln: Gib anderen zuerst, gib ihnen den besten Teil und behalte für dich, was übrig bleibt. Iss, um deine Kraft zu erhalten, aber niemals im Übermaß und nur was gut für dich ist. Diesen Ansatz kann jeder im Alltag praktizieren und muss nicht in einer Höhle im Himalaya meditieren. Das ist der Weg des Karma Yoga, den die Bhagavad Gita lehrt, eine praktische Anleitung für den Alltag, wenn man sie zu lesen weiß.