Verantwortung übernehmen: Karma Yoga

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Verantwortung übernehmen bedeutet das Kultivieren einer innere Haltung. In einer Stadt wie Berlin scheint allen alles egal zu sein. Das ist so nervig!

Was bedeutet Verantwortung?

Straßenszene: Zwei Teenager, eine leert eine Dose Cola (o.ä.) und wirft sie auf die Straße. Ich spreche sie an, bitte sie die Dose in einem drei Meter entferntem Behältnis namens Mülleimer zu entsorgen. Glücklicherweise gab es weder Widerworte noch wurde ich angespuckt oder Schlimmeres! Natürlich gehe ich auch glatt als Besserwisser durch, so etwas fand ich früher bei meinem Opa eher peinlich. Auf der anderen Seite beginnt verantwortliches Handeln genau dann, wenn man Aufgaben für das Gemeinwohl im Kleinen übernimmt. Also bei mir und meinem Umfeld. Dazu gehört auch der öffentliche Raum um mich herum.

Das führt weiter zu Begriffen wie:

  • Verantwortungslosigkeit
  • Fahrlässigkeit
  • Nachlässigkeit
  • Unbesonnenheit
  • Leichtsinn
  • Gedankenlosigkeit
  • Unachtsamkeit

Verantwortung bedeutet, Pflichten und Aufgaben für sich und andere zu übernehmen. Dabei geht es nicht nur um die Arbeit und den Dienst an der Gemeinschaft, sondern um Verantwortung für die eigenen Gesundheit, sein Wohlergehen und die eigene persönliche und spirituelle Entwicklung. Früher nannte man das unter anderem Pflichtgefühl, Pflichtbewusstsein oder eine Verpflichtung übernehmen, mit Gewissenhaftigkeit an Aufgaben gehen und zuverlässig sein.

Wir kommen damit in den Dunstkreis von Tugend und Moral – und da steigen viele gern aus. Verantwortung ist also ein großes Ding! Ich habe das Gefühl, das immer weniger Menschen sie für ihre Handlungen übernehmen wollen. Vielleicht werde ich nur wie mein Opa? Auch Nicht-Handeln führt zu einem Ergebnis und zu Karma. Es besteht aus Ursache und Wirkung und sollte nicht unterschätzt werden

Verantwortung aus yogischer Sicht: Karma

Karma bedeutet Wirken oder Tat. Manche denken dabei jedoch an ein von Gott gegebenes Schicksal, geben die Verantwortung ab und drücken sich vor der Erkenntnis, dass sie es selbst in der Hand haben (= Verantwortung!). Frei davon ist man dann, wenn man sich den Polaritäten nicht mehr hingibt und beobachtend bleibt. Leichter gesagt, als getan!

Eigentlich ist es ein spirituelles Konzept, dass man in Indien seit etwa dem 6. Jahrhundert vor Christus kennt: Jede Handlung oder Tat, ob geistig oder physisch wird Folgen haben.

Alles, was wir sind, ist ein Resultat dessen, was wir gedacht haben, sagte schon Aldous Huxley. Nur wenn man das angesammelt Karma auflöst, kann man Samsara, den Kreislauf der Wiedergeburten, verlassen. Das Konzept stellt damit die Grundlage des Hinduismus und Buddhismus dar. Die Krux ist, Karma kann über mehrere Leben angesammelt werden, aber wer soll da noch Ursache und Wirkung kennen? Und wie wird man das alles wieder los?

Wie entsteht Karma?

Karma entsteht immer, wenn man etwas tut, sagt oder denkt. Alles das hat eine Auswirkung, auch wenn man nur eine Augenbraue hochzieht! Dabei geht es nicht um die Abrechnung vor dem jüngsten Gericht, sondern um die Erkenntnis, dass man für alles, was man tut, verantwortlich. Wie ich andere behandelt habe, definiert meinen momentane Zustand und was mich umgibt. Ich erschaffe die Welt, in der ich lebe. Ein Lichtblick: Nur schlechtes Karma ruft den Zyklus der Wiedergeburt auf den Plan, gutes merzt sogar das schlechte aus. Aber das höchste Ziel ist es, überhaupt keins zu erzeugen. Laut Upanishaden (philosophische Schriften des Hinduismus) kann man altes Karma über die Erkenntnis auflösen, dass die Individualseele Atman mit der Weltseele Brahman eins ist (Advaita Vedanta). Gutes Karma kann man auch erzeugen durch religiöse Riten, Fasten, Wallfahrten oder durch mildtätige Gaben und Handlungen. Wie wäre es mit einem Ehrenamt?

Schlechtes Karma, gute Wirkung?

Eine durchaus schlechte Tat kann sogar auch ein gutes Karma zur Folge haben. Wenn also die Beweggründe rein und nicht selbstsüchtig sind, erzeugen sogar schlechte Taten kein schlechtes Karma. Oder man handelt überhaupt nicht mehr und zieht sich aus der Welt zurück. Auch dabei ist darauf zu achten, dass selbst die Handlung des Meditierens nicht auf Erfolg und ein Ergebnis ausgerichtet ist. Als schlichte Handlungsanweisung gilt: Mit Gleichmut und Mitgefühl (Maitri) annehmen, was einem das Leben bietet. Jedoch antwortet Gott Krishna auf Arjunas Frage, wie man das bewerkstelligen soll:

Bhagavad Gita, 3. 8 und 3.9:
“Übe du dies beherrschte Handeln! Denn Handeln ist besser als Untätig-Sein.
Selbst die Aufrechterhaltung des körperlichen Daseins kann nicht ohne Handeln gelingen.
Wenn die Menschen dieser Welt ihre Werke anders vollziehen denn als Opfer,
bleiben sie in der Gebundenheit an die Werke. Als Opfer vollziehe Dein Wirken,
o Sohn der Kunti! Und werde so frei von jeglicher Haftung!” (Übertragung Sri Aurobindo)

  • Karma = Die Handlung setzt sich aus Ursache und deren Wirkung zusammen.
  • Schicksal ≠ Karma
  • Verantwortung für das eigenes Handeln übernehmen, beinhaltet die Chance des Lernens: Wie wirkt sich mein Verhalten auf andere aus? Beim nächsten Mal kann ich anders entscheiden und etwas anderes tun. Das bedeutet, man muss sich mit seinem eigenen Verhalten gründlich auseinandersetzen, wenn man gutes Karma erschaffen möchte. Und hier kommt Yoga ins Spiel!

“Du erntest, was du säst” bedeutet nicht nur, so wie man ist, wird es einem heimgezahlt. Es ist auch die Chance, viel zu geben und viel zurückzuerhalten – darin liegt der Erkenntnisgewinn. Möchtest du mehr Geld? Dann spende für gute Zwecke. Suchst du nach Glück und Liebe, dann darfst du davon viel geben und nicht nur erwarten, dass man dich um deiner Selbst willen liebt. So ist es mit allen Wünschen, die wir hegen: “Geben ist seliger denn Nehmen.” (Paulus) Und das macht dann sogar noch glücklich! Nun könnte man denken, wenn ich nicht handle, kann mir zumindest nichts Schlimmes widerfahren. Irrtum, auch Nicht-Handeln ist eine Tat und führt zu Karma. Besser mit Liebe, Demut und Dankbarkeit handeln, als gar nichts zu tun, dann erreichen wir mit Geduld und Hingabe unsere Ziele.

Sie können sich nicht verstecken!

“Das, was du heute denkst, wirst du morgen sein.” Buddha

Den Folgen deines Handelns wirst du nicht entkommen. Manchmal verursachen wir anderen Leid und das wird auf uns in einer anderen Form zurückfallen. Dann leiden wir, fallen in einen Zustand, den man Dukha nennt. Dukha ist Dunkelheit oder Enge und hier: Leid. Wenn also kein Spielraum mehr bleibt, leiden wir. Doch im Yoga Sutra Kapitel 2.16 steht: “Zukünftiges Leid kann vermieden werden.” Aha, Hilfe naht!

Und zwar klärt uns das ganze Yoga Sutra auf, wie der Geist funktioniert: Damit verstehen wir, welche Hindernisse auf dem Weg der Erkenntnis auf uns warten und wie wir lernen, den Geist zu beruhigen. Leider gibt es da noch die Reinkarnation: Wir nehmen schon aus früheren Leben Gepäck mit. Aber darin liegt auch die Chance auf Weiterentwicklung: Im nächsten Leben fangen wir im besten Fall auf einer höheren Stufe an – oder uns werden die gleichen Herausforderungen wieder präsentiert. Das ist wie ein Computerspiel – neues Leben, neue Chance das nächste Level zu erreichen!

Verantwortung übernehmen

Zurück zur Verantwortung: Seiner Verantwortung gerecht zu werden, ist nicht immer leicht. Je mehr du davon übernimmst, umso freier wirst du! Du kommst damit in die Selbstermächtigung. Klar, wer sich nicht mehr als Opfer fühlt, ist freier und selbstbewusster. Da bleibt noch die eine Frage: Kann man zu viel Verantwortung tragen?

Vielleicht kennst du diese Typen mit ihrem gerechten Zorn über alles und jeden? Aus einer Wut getrieben sehen sie nur das Falsche und Ungerechte. Wir brauchen auch diese Menschen, um uns die Missstände aufzuzeigen. Sie übernehmen aber gefühlt für alles die Verantwortung: “Wenn man sich nicht um alles selbst kümmert, macht es ja keiner!” Und dann gibt es die, die still leiden und für alle alles übernehmen. Sie sind getrieben von der Vorstellung: “Wenn ich nur alles richtig mache, werde ich endlich gesehen und geliebt.” Alle diese Typen meine ich nicht, wenn ich von Verantwortung spreche. Im yogischen Sinne zielt das Gute immer durch die Mitte und ist mit Liebe, Hingabe, Vertrauen, Offenheit, Vorurteilslosigkeit und Kreativität gepaart.

Weitere Extreme können sein:

  • Selbstgerechtigkeit
  • Dünkelhaftigkeit
  • Überheblichkeit & Stolz
  • Kaltherzigkeit
  • Unerbittlichkeit

Ees geht darum zu erkennen, wo man für sich und seine Handlungen Verantwortung übernehmen kann und muss. Es gilt eine innere Haltung zu kultivieren.

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Annette Bauer

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