Wann ist man älter? Und was ist eigentlich Würde und würdevoll altern? Gerald Hüthers Buch „Würde“ kann da Aufschluss geben.
Warum böse werden? Es geht auch merkwürdig!
Jeder Mensch, der atmet, kann Yoga üben. Egal wie alt, jeder kann mit Yoga beginnen und wieder beweglicher werden, im Körper und im Kopf. Ein Einstieg in Yoga wird für Ältere jedoch anders aussehen als für Kinder. Auch wenn man nur die Arme bis zu den Schultern hebt oder auf dem Stuhl eine Drehung macht, wird man nach ein paar Einheiten mehr Kraft, Beweglichkeit und Energie spüren können. Nach und nach erlangt man dadurch (wieder) mehr Beweglichkeit und auch der Gleichgewichtssinn wird trainiert. Das gilt für jedes Alter, aber besonders im Alter. Nicht nur mit dem Körper üben, sondern auch würdevoll dabei bleiben, ist die interessante Herausforderung.
Was bedeutet Würde?
Aus dem Bereich der Hirnforschung liefert Gerald Hüther ein neues Werk ab, es heißt schlicht und ergreifend „Würde“. Sein Schreibstil ist wie immer wunderbar leicht: Er nimmt uns mit auf einen philosophischen Diskurs über würdevoll altern und in Würde sterben. Was bedeutet Würde? Und wieso sind wir dabei, sie zu verlieren? Es ist dem Menschen möglich, sich ständig abzulenken. Im Hinblick auf das Ohnmachtsgefühl gegenüber, was um uns herum geschieht, ist das leider sogar sehr verständlich. Der Autor begründet das nicht nur philosophisch, sondern Würde ist ein neurobiologisch innerer Kompass. Ein angemessenes Verhalten muss in uns selbst entstehen. Denn wenn wir uns würdelos verhalten, behandeln uns andere Menschen entsprechend. Das ist so simpel, aber scheinbar immer schwerer umzusetzen. Fahren Sie mal in Berlin U-Bahn oder nehmen den Bus!
Würde und Yoga
Yoga schult den Körper und auch den angemessenen Umgang mit dir selbst und anderen. Wir müssen wieder lernen, die Wahrnehmung der eigenen Würde zu stärken. Der Umgang in der Familie, mit Nachbarn und Kollegen ist inzwischen nicht mehr getragen von gegenseitiger Wertschätzung. Gerald Hüther fragt also: „Was für ein Mensch möchte ich in diesem Leben sein?“ Kann sein, dass du ehrlich zu dir sein und damit beginnen musst, dein Leben und Verhalten zu ändern. Ups! So war das nicht gedacht?
Wer Wertschätzung anderen gegenüber übt, behält auch die eigene Würde.
Und genau da setzt Yoga an: Wer Leid vermeiden möchte, das noch nicht entstanden ist, findet eine Antwort im Yoga Sutra: „Heyam dukham anaagatam“, zukünftiges Leid kann vermieden werden. Diese Erkenntnisse gewinnst du mit dem Alter und durch Achtsamkeit, wie sie im Yoga gelehrt wird.
Was heißt es, würdevoll zu altern?
Es bedeutet nicht, dass du dich in Watte packst und ab einem bestimmten Geburtstag nur noch leise sprichst. Würde im Alter zeigt sich vielmehr darin, dass du dir selbst treu bleibst und gleichzeitig offen für Veränderungen bist. Du darfst wild sein, laut lachen, deine Meinung sagen – und kannst trotzdem achtsam mit dir und anderen umgehen. Wenn du morgens aufstehst und dein Körper meldet sich mit kleinen Zipperlein, kannst du entweder maulig werden oder du nimmst diese Botschaften als Einladung an, genauer hinzuschauen. Vielleicht brauchst du heute mehr Ruhe, vielleicht willst du dich sanft bewegen, vielleicht sehnst du dich nach Stille. All das wahrzunehmen und ernst zu nehmen, schafft einen würdevollen Umgang mit dir selbst.
Ich könnte auch Selbstfürsorge und Selbstliebe sagen. Das nehmen sich andere zum Vorbild und gehen dann auch so mit dir um, würdevoll und wertschätzend.
Stell dir vor, du sitzt mit deiner Freundin beim Kaffee und sie erzählt dir zum dritten Mal die gleiche Geschichte. Früher hättest du vielleicht ungeduldig reagiert oder innerlich die Augen verdreht. Heute spürst du, wie du ruhig bleiben kannst. Du hörst ihr zu, wirklich zu, und bemerkst die Feinheiten in ihrer Stimme, die kleinen Pausen, in denen sie nach Worten sucht. Du begegnest ihr mit Mitgefühl, weil du weißt: Wir alle wiederholen uns manchmal, wir alle brauchen jemanden, der uns zuhört. Und vielleicht ist diese Geschichte eben besonders wichtig für sie. Du könntest mal eine andere Frage dazu stellen, wer weiß, vielleicht hilft es ihr?
Diese Art von Gelassenheit ist kein Zufall – sie entsteht, wenn du übst, mit dir selbst liebevoll umzugehen.
Wertschätzung: das Gegenteil von Konkurrenz
Hüther beschreibt in seinem Buch, wie wir durch unser Verhalten anderen Menschen gegenüber auch unsere eigene Würde leben oder eben nicht leben. Wenn du dich im Yogakurs auf deine Matte stellst und merkst, dass die Frau neben dir viel beweglicher ist als du, kannst du neidisch werden – oder du kannst dich freuen, dass sie da ist und mit dir übt. Du kannst dich vergleichen und klein fühlen – oder du kannst spüren, dass jeder Körper seine eigene Geschichte erzählt. Genau in diesem Moment entscheidest du, ob du würdevoll mit dir umgehst. Du darfst sein, wo du bist, ohne dich rechtfertigen zu müssen. Das ist keine Esoterik, sondern eine neurobiologische Tatsache: Dein Gehirn registriert, wie du mit dir umgehst, und sendet entsprechende Signale in deinen Körper. Behandelst du dich liebevoll, fühlt sich dein ganzes System sicherer an. Gehst du hart mit dir ins Gericht, entsteht Stress, der sich in Verspannungen, Unruhe oder Schlafstörungen zeigen kann.
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