Die Magie des Yoga

Lesedauer 6 Minuten

Was mich total am Yoga fasziniert ist seine Weisheit in allen Lebensbereichen. Es sind eben nicht nur die Bewegungen auf der Matte, es ist auch die innere Haltung zu mir, mit anderen und in alltäglichen Situationen.

Das Wunder Yoga!

Für mich liegt die Magie und die Schönheit des Yoga in meiner freiwilligen Intensität AKA Disziplin. Viele finden Disziplin doof. Aber hier entwickelt sie sich jeden Tag aus mir heraus neu.

  • Für mich liegt die Magie des Yoga in der Entfaltung meiner eigenen Ethik: Diese findet sich im achtgliedrigen Pfad im Yoga Sutra des Patañjali, noch vor den Körperübungen, die man hier so auf der Matte macht. Die Yamas sind die Grundlage für eine gelungene Kommunikation mit dir selbst und deiner Umwelt. Und in den Niyamas schaffst du Absicht und Ziel für deinen weiteren Weg. Ohne Reinheit und Durchhaltekraft, ohne Selbststudium und Hingabe, wird Yoga eine reine Gymnastik bleiben. Dann verpasst du die Freude, den Energiezuwachs und die Widerstandskraft, die in den Yamas und Niyamas angeboten werden. Du lässt das Gute daran links liegen.
  • Die Magie des Yoga entfaltet sich ganz wundervoll auch auf der Matte: Sie entsteht in der Bewegung, wenn du im Einklang mit deinem Atem übst.
  • In Kombination mit Achtsamkeit wird daraus Geschicklichkeit in Aktion und führt zur Magie der Meditation.
  • Diese wiederum bietet Raum für die Magie der Dankbarkeit. Wow, oder?

So viel Magie – nehme ich den Mund zu voll?

Für mich entfaltet der Yoga seine magische Wirkung während ich übe. Ich komme ratzfatz zu mir und BLEIBE da auch. Magie ist es für mich auch, weil es nicht sofort ersichtlich ist, WIE diese totale Entspannung und Gelassenheit zustande kommt. Natürlich kenne ich als Yogalehrerin Rezepte und Konzepte, Philosophie und Anatomie – die ganze Palette! – doch das alleine “macht” ja nicht den Yogazustand aus.

Die Wirkung entfaltet sich über deinen Atem, die Achtsamkeit und wie du dich einlassen kannst. Das ist ja auch von der Tagesform abhängig. Es braucht dein neugieriges Eintauchen-wollen in diese uralte Weisheit, die größer ist als dein-mein begrenztes Wissen. Vielleicht galt Yoga deshalb phasenweise als Geheimlehre?

Die Magie des Yoga: Dranbleiben & Loslassen

Das Ziel im Yoga ist auch der Weg: Wir wollen in den Zustand des Yoga DURCH DEN YOGA kommen. Was soll das denn schon wieder? Patañjali sagt im Yoga Sutra wir das hinbekommen können: Sutra 1.12:

  1. Abhyasa: stetige Übung, Dranbleiben und
  2. Vairagya: Loslassen oder Nicht-Anhaften

Wenn ich es schaffe, mich nicht mit meinem meinenden Selbst zu identifizieren, schaffe ich es hinter “die Kulissen” zu blicken. Dort erfahre ich, wer ich wirklich bin: Ich lernen meinen Wesenskern kennen, der frei und glücklich ist, und dem das alles nichts anhaben kann. Da ist meine innerste Stille, mein Sein.

Indem ich NICHT an etwas anhafte, es nicht mehr halten will, werde ich frei, befreit, ein Jivanmukta. Und in diesem befreiten Zustand befinde ich mich im Yoga. Herrlich! Wie bin ich da hin gekommen? Über Abhyasa, stetiges Dranbleiben – es führt kein Weg daran vorbei. So klar, einfach und eben magisch!

Es gibt also kein “dann bin ich angekommen”-Ziel. Das Ziel ist Dranbleiben und zwar so lange wie es eben nötig ist. Wie fühlt sich das an? Man spult keine Routine ab, sondern kommt von der grobstofflichen Welt in die feinere Welt – nach innen. Jeden Tag – das ist deine tägliche Praxis, deine Sadhana.

Dabei hilft der Atem. Allein er ist ja schon magisch: Woher kommt er? Wer gibt mir diesen Impuls? Immer wieder? Ein Wunder!

Den Geist zur Ruhe bringen

Nicht nur der Atem ist ein Wunder, auch das freudvolle Dranbleiben (Abhyasa) und die Kunst des Loslassens (Vairagya) an sich. Das läuft bei mir natürlich auch überhaupt nicht reibungslos ab, hey, ich bin auch nur ein Mensch! Aber gerade, wenn ich denke “läuft”, kommt ein Hindernis. Und das Wunder ist, wenn dein Geist tatsächlich zur Ruhe kommt – wie das Patañjali vor 2000 Jahren aufgeschrieben hat: Der Geist verhält sich auf diese oder jene Art und es kommt, wie es kommen muss. Die Prinzipien des Geistes waren also auch vor 2000 Jahren die gleichen!

Von den Zerstreuungen oder Hindernissen auf dem Übungsweg zählt er neun auf. Jep, kenn ich. Ich bleibe trotzdem dran. Sie sind überwindbar.

Schlimmer wird es mit Avidya und den weiteren vier Kleshas. Was ist jetz das schon wieder? Das sind “den Geist trübende Leidenschaften”, die ich für wahr halte. Jeder Mensch sieht Dinge und Situationen durch die eigenen falschen Annahmen gefärbte Brille. Wie geht man damit um? Dranbleiben. – Erkennst du die Schönheit des Prinzips „Dranbleiben“? Je länger du übst, umso eher entfaltet sich Klarheit über dich und vor dir.

Die Magie des Yoga: Ethik & Kommunikation

Die Magie entfaltet sich ebenfalls in der Kommunikation. Yoga ist keine eremitische Nabelschau, sondern ein gesamtgesellschaftliches Konzept – wenn die Ethik beachtet wird: Die Entwicklung durch die Yamas und Niyamas hilft uns Yoga von der Matte in den Alltag zu bringen: Es lässt uns gelassener mit Herausforderungen umgehen und schafft ein Verständnis dafür, dass alle lebenden Wesen nach dem einen Ziel streben: Jede*r möchte einfach nur glücklich sein.

Dazu muss ich mir anschauen, wer ich bin und wer ich sein möchte. Passt das bei dir schon zusammen oder klafft da eine Lücke? Wenn du dich von deinem jetzigen Ich zu dem entwickelst, der du eigentlich sein möchtest, nennt man Transformation. Ich entwickle mich von einem Egoisten zum Teil einer ganzheitlichen Gemeinschaft. Ich unterdrücke keinesfalls meine Individualität (wir reden hier nicht über eine Sekte!), sondern sie entfaltet sich nur durch den Spiegel, die anderen Menschen. Meine spezielle Art und Individualität bringe ich ein, sie nutzt allen anderen. Ich muss mich nicht schütze, sondern kann mich öffnen. Sich schützen müssen ist ein weitverbreitetes Konzept. Ich sehe das anders.

Heimat war lange meine Sehnsucht. Eine Wohnung, ein Partner, Familie oder Freunde. Ich habe die Heimat im Außen gesucht: Durch yogische Gemeinschaften in Gruppen oder Fortbildungen, mit Kolleg*innen und Teilnehmenden fand ich sie in mir und in der Verbundenheit mit allen Wesen. Sie war immer da, ich bin nur nicht nach innen gegangen.

Seitdem ich mich als Teil des großen Ganzen wahrnehmen kann, bin ich weniger Ich-bezogen und fühle mich nicht mehr abgeschnitten von “etwas” – was immer das sein sollte. Ich schwinge im Einklang und kann zur Ruhe kommen. Ich liebe die Stille. Gut, das würde sicherlich jede*r sagen, die*der in einem Berliner Mietshaus wohnt… kleiner Scherz! Ich liebe die Stille in mir!

Ich fasse zusammen:

  • Die Magie liegt im Dranbleiben, der aufmerksamen Routine, dem Gewahr-werden und letztlich im Vertrauen an eine übergeordnete Kraft und im Loslassen.
  • Die Magie liegt in der Kommunikation mit mir und mit anderen. Wie mache ich das? Mit den Yamas und Niyamas habe ich einen guten Anfang für meine Selbsterforschung: Fünf Elemente der Gewaltlosigkeit und fünf der Reinheit.

Hingabe an das Leben

Nun gut, sagst du, aber dieses Vertrauen, das habe ich nicht. Ja, das habe ich auch erst entwickelt – mit Yoga. Du siehst der Weg dahin ist gleichzeitig das Ziel!

Es geht um Vertrauen, dass alles gut ist, wie es ist. Wenn ich erkenne, dass ich nicht alles kontrollieren kann (Wetter, den Lauf der Welt, das Wachstum der Bäume o.ä.), kann ich annehmen, was ist und alles andere loslassen: Es ist, wie es ist. Da kann ich noch so wild auf und ab hüpfen! Wenn es um Menschen geht, liegt die Magie des Yoga im Anerkennen und Wertschätzen ihres Weges. Love it, leave it oder or change it.

Auch wenn ich nichts über dich weiß, du wirst dein Päckel zu tragen haben. Hochachtung für deinen Weg und wie weit du gekommen bist! Ich möchte dich nicht verändern, ich möchte dir zuhören und kann dich begleiten, wenn du es möchtet´st.

Durch Corona wissen wir, wir könne nichts wirklich kontrollieren. Mir ist das sehr bewusst geworden – mal wieder – und ich mache nur noch dass, was meinem Wesenskern entspricht. Na ja, fast: Buchhaltung gehört nicht dazu! Scherz beiseite: Lebst du so, wie du es möchtest? Bist du jetzt schon die Menschin, die du sein möchtest? Nein? Worauf wartest du denn noch?

Dankbarkeit vs. Rechthabenwollen

Wenn ich annehmen kann, was ist, lerne ich gleichzeitig dankbar zu sein für das, was ich habe. Dankbarkeit hört sich nach einer altbackenen Tugend an. Man kann sie nicht einfordern und muss sie selbst in sich empfinden können. Wo hole ich die denn nun wieder her? In dem Moment, in dem ich aufhöre, immer recht haben zu wollen, kann Dankbarkeit, Wohlwollen und Liebe entstehen. Das ist gerade bei uns Deutschen sehr verbreitet: Wir wissen immer, wie es die anderen besser machen könnten – und reiben es ihnen gern unter die Nase. Sehr gern! Deshalb sind wir oft in anderen Ländern recht unbeliebt. Vielleicht wissen wir durchaus, was für den anderen besser wäre – aber bitteschön, lassen wir es ihn doch selbst herausfinden. Wir können unterstützen und auf Nachfrage unsere Meinung sagen, aber ungefragt?

Dankbarkeit ist für mich eine weitere Magie. Und sie habe ich durch yogische Gelassenheit kennen- und lieben gelernt.

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Annette Bauer

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