Sichtweisen: Darshanas

Lesedauer: 3 Minuten

Inhalte

Es gibt unterschiedliche Sichtweisen auf die Welt. Der eine erkennt nur meßbare Dinge an. Ein anderer schaut durch eine andere Brille auf die Welt: Das sind verschiedene Darshanas.

Verschiedene Brillen

Darshanas bezeichnen „Sichtweisen“ oder Philosophien. Es sind (Brillen-)Modelle, um die Welt zu erklären und festzustellen, was wirklich ist und was nicht. Für westliche Menschen hat es sich etabliert, nur mess- und zählbare, also materielle Dinge als real anzusehen. Wie in Indien gingen auch die Philosophien der Antike schon weit darüber hinaus. Sie frag(t)en nach dem Sinn des Lebens, wozu wir hier sind oder woher wir kommen. Bei diesen Ideen gelangt man entweder schnell zur Idee von einem Schöpfer oder zur Urknalltheorie. In Indien kennt man sechs klassische Darshanas. Auch Yoga und Samkhya sind Sichtweisen auf die Welt. Neben den klassischen indischen Philosophien entwickelten sich noch weitere moderne und buddhistische Darshanas. Sie zählen nicht zu den klassischen Darshanas, weil sie sich nicht auf die Veden beziehen.

Persönliche Auseinandersetzung mit den „Brillen“

Die Darshanas sind Erklärungsversuche der Menschen für die grundlegenden Fragen des Lebens. Anhand von Modellen und Konzepten wird das Chaos der Wirklichkeit geordnet. Das funktioniert über die Auseinandersetzung mit den einzelnen Konzepten und liefert unterschiedliche Antworten. Mich hat das zu Beginn verwirrt. Man kann die Darshanas verstehen, indem man die Brillen ab und zu wechselt. Zu den Fragen gehören: Wo komme ich her? Welche Aufgabe habe ich im Leben? Was ist Wahrheit? Gibt es den freien Willen? Alles spannende Fragen! Und wenn Sie meinen, Sie haben die Antwort, dann probieren Sie doch eine andere Sichtweise aus. Die Fragen sind dabei spannender als die Antworten. Die sechs klassischen Darshanas sind:

Samkhya

Samkhya heißt „Aufzählung“ in der alle Elemente der Welt analysiert und benannt werden. Es ist eine dualistische Sicht auf die Welt, in der das höchste Prinzip oder der Urzustand (Purusha) von der Natur (Prakriti) getrennt ist. Es hat aber nicht Göttliches, sonder ist atheistisch: Purusha ist das reine Bewusstsein, das durch die Urnatur  ergänzt wird. Erst durch die drei Grundeigenschaften der Natur von Prakriti, den Gunas, entstand Bewegung, Schwingung, Klang und daraus das Universum. Die drei Gunas sind

  • Sattva (Ausgewogenheit, Reinheit, Klarheit)
  • Rajas (Aktivität, Bewegung)
  • Tamas (Schwere, Trägheit, Dunkelheit)

Kommen diese Schwingungen zu einem Ende, kehrt das Universum wieder zurück in seinen Urzustand, zu Purusha, dem reinen Bewusstsein.

Yoga

Der klassische Yoga, wie ihn Patañjali im Yoga Sutra beschreibt, gründet auf dem Raja Yoga und der Samkhya-Philosophie. Es ist jedoch auch eine Mischung aus allen vorangegangenen Darshanas, der Vedanta und weiteren zeitgenössischen Strömungen wie Buddhismus, Tantra und Jainismus. Dabei gibt es drei wesentlichen Unterschiede zur Samkhya-Philosophie:

  • Patañjali führt die Idee von Ishvara, das göttliche oder höchste Prinzip ein.
  • Man kann sich mit Abhyasa von Anhaftungen lösen und gelangt auch nur mit regelmäßiger Übung zu höherem Bewusstsein (Purusha).
  • Es gibt nur ein reines Bewusstsein zu dem jede Seele wieder zurückkehren kann. Gelangt man zu ihm, überwindet man Prakriti. Dualistischer ist es in der Samkhya-Philosophie: Dort gibt es so viele Purushas wie es Seelen gibt.

Yoga bedient sich einiger Lehren des Samkhya und ist dualistisch, also der Mensch ist vom höheren Prinzip oder Gott getrennt. Anders als in anderen Darshanas kann man jedoch über Yoga zur Einheit gelangen. Dazu bedarf es des achtgliedrigen Pfades, den Yamas und Niyamas, besonders der letzten drei Niyamas (=Raja Yoga):

  1. Tapas
  2. Svadhyaya
  3. Ishvarapranidhana

Vedanta

Ebenfalls non-dualistisch ist Vedanta die Philosophie der Einheit. Brahman ist die Essenz von allem und absolut, aus ihm und durch ihn passiert alles. Also ist alles Brahman. Dagegen steht das, was uns von der Essenz trennt Maya: Die Welt ist eine Illusion. Trotzdem gehört auch diese Trennung, der Schleier, die Illusion zu Brahman.

Purva & Uttara Mimamsa

Purva Mimamsa ist eine sehr alte Philosophie. Es geht vor allem um die korrekte Ausführungen von Ritualen. Beispielsweise zur Anbetung des Lichts und Feuers im Gott Agni. Mit guten Taten sammelt man über ein Karmapunktesystem Fließbienchen, die sogenannten „Punya“ (Verdienst). Punktabzug für schlechtes Verhalten gibt es mit Strafpunkten, den „Papa“ (Sünde). Es gibt aber am Ende noch die Idee der göttlichen Gnade. Dieses ethisch-moralische Wertesystem hat im heutigen Hinduismus immer noch große Bedeutung und ähnelt den Werten der christlichen Kirchen. Uttara Mimamsa bedeutet so viel wie „abschliessende Betrachtung“. Die Upanishaden sind die Zusammenfassungen der vier klassischen, vedischen Überlieferungen. Später werden sie als Vedanta, das Ende der Veden, bezeichnet. Uttara Mimamsa hat eine non-dualistische Sichtweise auf die Welt. Alles ist eins und gehört zusammen.

Vaisheshika und Nyaya

In beiden geht es um Logik und Vernunft. Alles ist Materie: Sie besteht aus kleinsten Teilchen, die in Schwingung sind und sich so zu Materie formen. Nyaya heißt übersetzt „Norm, Regel, Logik“ und nutzt Logik, um die Wirklichkeit zu erklären. Vaisheshika bedeutet „sich auf Unterschiede beziehend“ und dreht sich komplett um Naturgesetze. Ein genußvolles Leben ist schon alles worum es geht im Leben. Es ist dem westlichen-wissenschaftlichen Denken ähnlich doch gibt es auch einen Gottesbegriff.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Über mich

Hallo, ich bin Annette

Ich bin Berlinerin und war 25 Jahre als Layouterin und Redak­teurin tätig. In den letzten Jahren im Job war ich kurz vorm Burnout und wurde dann ent­lassen. Auch privat habe ich Schick­sals­schläge erleben müssen.

Dabei hilft mir seit über 30 Jahren unter anderem eine regelmäßige Yoga-Praxis.

Andere Menschen begleite ich als Heil­prakti­kerin mit einer ressour­cenorien­tiert, systemisch oder mit einer Trauma­therapie.

Aktuelles

Annette Bauer Yoga Xperience. Frühlings Retreat 17. bis 19. April 2026.
Yoga-Retreat April 2026

Tanke im Frühjahr neue Kraft mit Yoga. An verschiedenen Orten in Brandenburg yogen wir in kleiner Gruppe eine Wochenende gemeinsam. Dazu gibt es Spaziergänge, Sauna oder Massagen.

Suche

Weitere Beiträge

Buch, Karten, Tasse Orakeln Rauhnächte Spiritualität Annette Bauer Yoga Xperience

Rauhnächte, Orakelkarten & spirituelle Ratgeber 2025

Orakelst du auch gern zu Halloween und durch die Rauhnächte? Ich stelle heute einige Orakelkarten und spirituelle Ratgeber vor.
Frau, Yogamatte, Buch Rezensionen im Oktober: Buchtitel zu Yoga, Anatomie & Nerven Annette Bauer Yoga Xperience

Rezensionen im Oktober: Buchtitel zu Yoga, Anatomie & Nerven

In meinen Rezensionen im Oktober stelle ich dir Buchtitel zu Yoga, Anatomie und neuronalem Training vor. Sehr spannend!
Frau, Wald, Meditation Retreat Frühling Warum ein Retreat so wertvoll ist Annette Bauer Yoga Xperience

Warum ein Retreat so wertvoll ist

Ein Retreat gibt dir wertvolle Zeit und räumlichen Abstand, den es manchmal braucht, um Luft zu holen und aufzutanken. Diesmal im Frühling.