Yoga: Der Atem gibt Auskunft

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Im Yoga ist der Atem das zentrale Signal für Veränderung: Er gibt Auskunft über den Zustand des Geistes und man kann mit ihm den Geist zur Ruhe bringen. Tolles Tool!

Alles ist Yoga

Je nachdem wo man Yoga macht, besteht er aus rein körperlicher Ertüchtigung, Meditation, Atemübungen oder spiritueller Praxis. Oder alles zusammen. Was ist denn nun richtig, und was ist eigentlich Yoga? Natürlich kann man diese ganzen Elemente nicht von einander trennen. Warum auch? Trotzdem ist es auch wahr, dass manche Yogastunden körperbetonter sind als andere. Es kommt dabei einerseits auf den Unterrichtsstil des Lehrers an und welche Schüler er unterrichtet. Im Fitness Umfeld unterrichte ich beispielsweise dynamischer als in kleineren Gruppen. In einem 60-Minuten-Kurs wird naturgemäß alles kürzer angesprochen. Vertiefende Atemübungen und Meditation bekommen mehr Raum in 90-Minuten-Klassen. Trotzdem kann ein Schüler Yoga auch selbst vertiefen: Es kommt darauf an, wie regelmäßig und wie oft er Yoga praktiziert. Das ist ja schon eine yogische Übung: Regelmäßiges, eigenständiges Üben. Das geht nur mit Tapas, also Konzentration und Disziplin, und Abhyasa, beständiges Üben. Man übt nicht nur körperlich: Auch das beständigen Bemühen, Abstand von den Gedanken zu erlangen, ist eine wichtige Yoga-Praxis. Das kann man durch Übungen, Atmung und Meditation erreichen. So wird aus den einzelnen Teilen eine ganze spirituelle Praxis.

Abhyasa und Vairagya

Abhyasa ist eine von zwei wichtigen Säulen des Yoga. Das beständige Üben kann umschlagen und übertrieben werden, deshalb ist die zweite Säule des Yoga Vairagya: Das Loslassen oder Entsagen. Es bedeutet, das man bis zu einem gewissen Grad mit stetiger Übung vorankommt, dann aber das Ergebnis oder die Handlung Gott oder dem Universum überantworten soll. Die Yogapraxis benötigt eine angemessene Entwicklungszeit. Das ist wie bei einer Pflanze: man kauft sie für den Balkon, topft sie in gute Erde, gießt sie und stellt sie in die Sonne. Abhyasa ist die regelmäßige Pflege und Vairagya ist das Abwarten, wie die Pflanze gedeiht. Durch daran ziehen wird sie nicht schneller wachsen, im Gegenteil! Krampfhaftes Yoga-Üben führt einen genauso in die Sackgasse, wie alles, was man übertreibt. Denn: Das Gute zielt immer durch die Mitte!

Yoga: Der Atem gibt Auskunft

Das Loslassen und eine positive Grundhaltung muss im Yoga genauso geübt werden, wie die Körperübungen (Asanas). Und wie kann das nun wieder gelingen? Das ist im Yoga genial einfach: Alles, was man in der Stunde macht, muss mit dem Atem in Einklang sein. Die Haltung muss leicht und dabei stabil sein. Wie überprüft man das? Der Atem muss frei fließen können. Dabei ist es wichtiger wie man in die Haltung hineingeht und wieder herauskommt, als in der Haltung irgendwie auszusehen. Wie fühlt sich der Weg dorthin an? Wie ist die innere Haltung dabei und bin ich noch achtsam, wenn ich mich wieder herausbewege? Auch darüber gibt der Atem Auskunft, man muss ihm nur zuhören. In den Übungen sollte man mit sich achtsam und gewaltfrei umgehen – allein das ist für viele schwer umzusetzen: Der Wille ist im Weg. Der Kopf will die Haltung unbedingt auf seine Weise gestalten, anstatt die Grenzen anzuerkennen, hineinzuspüren und sie zu respektieren. Sei liebevoll mit dir!

Der Atem als spirituelle Praxis

Wenn man Yoga mit in den Alltag nehmen möchte, überträgt man die Körperübungen auf das alltägliche Situationen: Bin ich gewaltfrei im Straßenverkehr oder in der Wahl meiner Worte? Reagiere ich liebevoll, wenn ich einen Fehler mache oder sagt mir mein innerer Kritiker wieder, wie doof er mich findet? Gehe ich achtsam mit Essen oder Ressourcen wie Strom und Wasser um? In welcher Situation auch immer es gerade wieder mit mir durchgeht, lenke ich meine Aufmerksamkeit auf meinen Atem. Der Trick ist, vollständig auszuatmen. Und das vier bis sechs Mal, ganz langsam. Danach ist alles wieder entspannter. Überträgt man das immer öfter in den Alltag, ist das Ergebnis raffiniert: Alles ist Yoga!

Annette Bauer

2 Kommentare

  1. Veröffentlicht von Anita am 6. Dezember 2019 um 9:07

    Vielen herzlichen Dank für Deinen wunderschönen Artikel, der mir viele Worte schenkt für etwas, das ich schon lange im Herzen trage, aber nicht im Aussen formulieren konnte.

    Deinen Vergleich “Abhyasa ist die regelmäßige Pflege und Vairagya ist das Abwarten, wie die Pflanze gedeiht” fand ich unbeschreiblich schön und er ist einfach perfekt, weil er so genau aufzeigt, worauf das eigentlich zielt.

    Und Dein Satz “Das Gute zielt immer durch die Mitte!” wird sich bestimmt mal in meinen Unterricht schleichen, denn er ist so liebevoll und dennoch treffsicher und genau formuliert.

    Vielen Dank für Deine Inspiration!

    • Veröffentlicht von Annette Bauer am 6. Dezember 2019 um 16:20

      Vielen Dank, liebe Anita,
      für Dein tolles Feedback!

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