Yoga im Alltag

Yoga im Alltag zu üben, bedeutet Beweglichkeit im Geiste. Wozu bewegt man sich eigentlich im Yoga, wenn es doch um Meditation geht?
Lesedauer: 3 Minuten

Inhalte

Um Yoga zu üben, braucht es eigentlich nicht viel: Einen sauberen, ruhigen Ort und eine Matte. Oder doch mehr?

Der Geist ist unruhig

Den Luxus von Matten gab es natürlich früher in Indien früher nicht wie heute bei uns. Wozu auch, ging es doch um Yoga und nicht die Ausstattung. In meinem Zimmer übe ich täglich zwischen Regalen, Sofa und Wäscheständer Yoga. Ich habe zusätzlich zur Matte einige Utensilien wie Decken, Klötze, einen Gurt und Meditationskissen angeschafft, irgendwie wird es immer mehr! Und eigentlich sollte man so in seinen Möglichkeiten üben, wie es ohne Hilfsmittel geht. Man soll sich nicht tiefer hineinzerren, sondern den Ist-Zustand anerkennen. Schwierig in unserem Leistungsdenken! Es ist natürlich bequemer mit Hilfsmitteln, aber wozu schaffen wird uns immer mehr Zeug an? Mit diesen ganzen Gadgets und Gerätschaften bediene ich eigentlich nur meinen unruhigen Geist, also das, was im Yoga nach Patañjali beruhigt werden sollte:

Yogasutra 1.2
yogas citta-vrtti-nirodhah

Yoga ist das Zur-Ruhe-Kommen der ewig kreisenden Gedanken.

Die Bewegung des Geistes zur Ruhe bringen

Der Geist kann sich beruhigen, wenn er so wenig wie möglich abgelenkt wird. Muss ich also mein Zimmer leer räumen und nur mit einer Matte üben, um tiefer in den Zustand des Yoga zu gelangen? Möchte ich nur meine Gelenke bewegen, ist das Gymnastik, und selbstverständlich völlig in Ordnung. Nur ohne das Zur-Ruhe-Kommen des Atems und er kreisenden Gedanken ist es eben kein Yoga. Der Atem ist dabei Dreh- und Angelpunkt, um von den Asanas, also vom außen und der Gymnastik, nach innen zu gehen und damit den Geist zur Ruhe zu bringen. Wird der Atem ruhig, gelingt das auch dem Geist – man bereitet sich auf den zweiten Teil des achtgliedrigen Pfades nach Patañjali vor: Pranayama führt zum Rückzug der Sinne (Pratyahara), zu Konzentration (Dharana) und damit zu Meditation (Dhyana). Das höchste Ziel ist der Zustand innerer Freiheit (Samadhi), etwas, das jeder nur selbst herausfinden kann. Und wozu erreicht man diesen Zustand, wenn man ihn dann doch wieder verliert?

Yoga im Alltag ist Beweglichkeit im Geiste

Manche Leute können sich auf der Matte unglaublich verrenken, wie flexibel sie aber im Geiste sind, steht auf einem ganz anderen Blatt. Natürlich kann man Yoga als wunderbare Körperkunst sehen, aber das würde der Yoga-Philosophie niemals gerecht. Die Bewegungen, die man vor der Meditation ausführt, dienen lediglich dazu, zugleich stabil und entspannt eine Weile sitzen zu können. Durch Konzentration und Meditation gelingt es, mit den Herausforderungen des Alltags besser klarzukommen. Man hat Abstand zum Alltag, erschaut neue Perspektiven, die größer sind als der kleinliche Alltag. Daraus können neue Handlungsmöglichkeiten erkannt werden und zu gesünderen Entscheidungen im Leben führen. Können! Denn übertreibt man es, sitzt man nur noch in der Meditation, nimmt nicht mehr am Leben teil. Im Zustand der geistigen Verzückung ist man vielleicht nicht mehr in der Lage, die Wäsche zu waschen oder auf dem Amt ein Formular auszufüllen. Ein gesundes Maß von beidem ist das Ziel, denn das Gute zielt immer durch die Mitte: Eine Mischung aus Alltag und Rückzug ist erstrebenswert.

Das gesunde Maß

Hat man das gesunde Maß gefunden, ist man entspannter mit seinen Mitmenschen umgehen, großzügiger und seltener ungeduldig. Aus Ungeduld möchte man aus einer Situation fliehen oder sie verändern, man kann sie einfach nicht so annehmen, wie sie ist. Das kostet Nerven und trägt zu keiner gelungenen Kommunikation bei. Dabei bedient sich auch das MBSR-Achtsamkeitstraining bei Yoga und Meditationsübungen, und ist ein großartiger Einstieg in dieses Thema. Also versuch Yoga so zu üben, dass dabei der Atem gleichmäßig und achtsam fließt. Mach kein Hardcore-Workout, nein, übe den liebevollen Umgang mit dir selbst. Ich darf aus eigener Erfahrung sagen: Gar nicht so einfach, die alten Muster (Samskaras) zu durchbrechen!

Das ganze Zeug!

Also nein, ich muss mein Zimmer nicht komplett leer räumen, um mich auf meinen Atem zu konzentrieren. Je regelmäßiger ich übe, umso leichter fällt es mir, zur Ruhe zu kommen. Das ist ein großes Geschenk, das ich mir selbst mache. Über den Jahreswechsel durfte ich an einem zehntägigen Vipassana-Retreat teilnehmen: Zehn Tage schweigen und meditieren. Was man dort für Perspektiven gewinnen kann, ist unglaublich! Ehrlich! Die Achtsamkeit und Stille, die ich dort gefunden habe, hilft mir sehr in dieser schwierigen (Corona-)Zeit. Und Yoga kann man dann auch überall üben! Jedoch ist es sicherlich für Anfänger einfacher, mit so wenig Ablenkung wie möglich zu praktizieren. Das „ganze Zeug“ ist trotzdem ein Thema, dem man sich nicht nur als Yogi zuwenden sollte: Wie gelingt „weniger ist mehr„?

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Hallo, ich bin Annette

Ich bin Berlinerin und war 25 Jahre als Layouterin und Redak­teurin tätig. In den letzten Jahren im Job war ich kurz vorm Burnout und wurde dann ent­lassen. Auch privat habe ich Schick­sals­schläge erleben müssen.

Dabei hilft mir seit über 30 Jahren unter anderem eine regelmäßige Yoga-Praxis.

Andere Menschen begleite ich als Heil­prakti­kerin mit einer ressour­cenorien­tiert, systemisch oder mit einer Trauma­therapie.

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