Yoga-Sangha: Gemeinschaft als Kraftquelle

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Die Gemeinschaft von Yoga-Praktizierenden ist schön. Wir unterstützen uns gegenseitig. Nein, nicht mit Sangria: Man nennt es Sangha.

Sangha versus Sangria

Früher hat man Zuflucht in der Sangha gesucht. Man musste unter sich bleiben, wenn man einer Richtung oder Praxis verpflichtet war, die den offiziellen Ritualen entgegenstanden. Daher kommen manche Leute auf die Idee einer Sekte, wenn von Gemeinschaft die Rede ist. Wenn man dabei nicht manipuliert wird, sondern zu mehr Selbstermächtigung angeregt wird, ist es keine Sekte! So einfach. Und wenn jemand nun unbedingt einen Guru (= Lichtbringer) sucht, dann ist die Gemeinschaft selbst der Guru.

Auch heute noch (und nicht bloß im Buddhismus) ist Sangha ein wichtiges Prinzip: Gemeinsam etwas aufbauen und dranbleiben. Man hält gemeinsam besser durch, kann sich austauschen und unterstützen und zieht sich mit Gleichgesinnten zurück, um wieder den Fokus auf das eigentliche Ziel zu schärfen.

Kommen wir von Sekte zu Sekt und zu Sangria: Gemeinsames Feiern und Saufen verbindet vielleicht für einen Abend, danach ist man sich aber oft gegenseitig peinlich. Das Verbindende ist der Alkohol, die Peinlichkeit das Trennende. Was ist also mit Sangria gewonnen? Nichts! Die Praktiken des Yoga und der Meditation setzen Reinheit (Sauca) voraus. Ohne das sind Klarheit und Unterscheidungsfähigkeit nicht erreichbar, die benötigt man jedoch, um gesunde Entscheidungen zu treffen. Das ist eine super Nebenwirkungen des Yoga!

Miteinander auf dem Weg

Verbundenheit und Gemeinschaft sind grundlegende Eigenschaft im Yoga: Fähigkeiten, die man entwickeln darf und soll. Niemand ist eine Insel. Je früher das klar ist, umso einfacher gestaltet sich der Weg. Klar, du kannst ganz allein das Rad jeden Tag neu erfinden. Aber mal ehrlich, es gab so viele Generationen vor uns, die sich damit beschäftigt haben: Da könnte and er Erkenntnis von “zusammen ist man stärker” vielleicht doch etwas dran sein? Denn einerseits kann uns ein Gegenüber als Spiegel helfen zu sehen, was wir lernen wollen und sollen. Psychologisch nennt man es Schattenarbeit und auch mit einem Therapeuten kann man das Gefühl der Getrenntheit überwinden.

Andererseits ist es in einer Gemeinschaft leichter die blinden Fleck sozusagen nebenbei zu erkennen und zu lösen: Man lernt gemeinsam zu beobachten und zuzuhören. Das ist ein Weg der zu mehr Demut und Dankbarkeit führt. Denn allein ist das nicht zu bewerkstelligen, außer man ist bereits in einer spirituellen Umgebung aufgewachsen und in diesen Praktiken geschult. In Indien sind die Menschen in dieser Hinsicht höher entwickelt, im Alleinsein ist Erkenntnis dann möglich. Das ist für uns Mitteleuropäer im Individualismuswahn kaum interessant und schwer aushaltbar!

Yoga-Sangha: Gemeinschaft als Kraftquelle

Sangha bedeutet Menge, Schar oder Gruppe, aber auch Verbindung und Vereinigung: Eine Anzahl von Leuten leben und üben zusammen. Im Buddhismus geht es darum, mit einer Gruppe ein gemeinsames Ziel oder eine Vision zu gestalten. In so einer spirituellen Gemeinschaft unterstützt man sich in der Praxis gegenseitig. Nein, das hat nichts mit einer Sekte zu tun! Es kann eine Resonanz und Schwingung entstehen, wenn mehrere Yogis üben und sich gemeinsame weiterentwickeln, die allein nicht gelingt.

Dabei ist es wichtig, weich zu werden, etwas zuzulassen, offen zu sein. Weniger reagieren, mehr entspannen und sich selbst nicht so wichtig nehmen. Gemeinsam schafft man die Hürden der Meditation leichter. Hat man sie bewerkstelligt, kann man diese Erkenntnisse in die Stille mitnehmen. Man wird sich dann auch nicht einsam fühlen, da man durch die Sangha und die Praxis verbunden bleibt.

Die Yogaklasse als Sangha

Natürlich beginnt es schon in der wöchentlichen Yogastunde:

  • Wir treffen (hoffentlich) auf eine kleine Gruppe in gleicher Zusammensetzung.
  • Alle beschäftigen sich in den Übungen mit den vorgegeben Themen. Also, im besten Falle hat Yogastunden ein Thema…
  • Dabei können wir eigene und gemeinsame Erfahrungen machen. Das verbindet.
  • Darüber tauschen wir uns am Ende der Stunde aus.
  • Wenn wir dann noch gemeinsame Reise oder einen Workshop planen, entwickeln wir eine gemeinsame Vision.

Wie läuft das in den Yogastunden ab, die du besuchst? Oder übst du lieber allein?

Die zwischenmenschliche Kraft

Die Besonderheit liegt also darin, Erfahrungen über ein gemeinsames Thema zu machen und sich auszutauschen. Natürlich kannst du das mit einer Freundin und Nachbarin genauso gut erleben. Ich denke aber, das gelingt bei vorgegeben Strukturen und Inhalten gezielter. Ohne den Tratsch ist man einfach fokussierter! Die Gemeinschaft ist ein hohes Gut.

Interessant ist für uns Mitteleuropäer wie schwer es dem kleinen Ego fällt, sich unterzuordnen! Es hat so viel im Außen dafür getan hat, eine gewisse Größe zu erlangen (Ansehen, Status, Wissen, Anerkennung) und soll sich hier nun demütig zeigen? Für viele unvorstellbar. Ich plädiere dafür, eine Sangha oder Gemeinschaft mal auszuprobieren, um diese Art der Kraftquelle für dich zu erforschen. Kannst du deine Wichtigkeit und dein Recht-haben-wollen zugunsten von Liebe, Mitgefühl und Mitfreude loslassen? Kannst du die Gelassenheit spüren, die durch Gleichmut zu dir gelangt?

Ich habe das in zehn Tagen Vipassana erleben dürfen, wie bei mit Wut und Ärgern hochkamen, Trauer einer Freude gewichen ist. Zusammen meditieren und dabei schweigen, warf mich auf mich selbst zurück. Und ich war dabei überhaupt nicht allein. Alle haben in diesen zehn Tagen mehr oder weniger das Gleiche durchgemacht. Komplett unterschiedliche Menschen, fremde Menschen hatten ein gemeinsames Ziel: Zu sich kommen. Durch die Anleitungen, Vorträge und Meditationen wurde das Ziel immer wieder neu ausgerichtet.

Das ist jetzt ein Jahr her, hat mich aber neu definiert in meinem Leben. Das trägt mich heute durch diese schwierige Zeit. Ich bin allein im Homeoffice und übe mit anderen Yoga online. Dabei bin ich jedoch niemals einsam.

Hast du dazu Ideen oder Fagen? Dann buche gern für einen Austausch mit mir einen kostenlosen Zoomcall.
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Annette Bauer

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