Gesundheit & Krankheit: Die Koshas im Yoga

Lesedauer 5 Minuten

Heute geht es mal wieder um die Koshas und: Was ist Gesundheit? Woran mache ich fest, dass ich gesund bin? Was ist eine Störung aus yogischer Sicht?

Vom Körper über den Geist hin zur Psyche

Mit Yoga beschäftige ich mich seit 32 Jahren, immer mehr, immer tiefgreifender. Vor der Yogalehrerausbildung trieb mich eine weitere Faszination, die für Gesundheit und Krankheit, dazu eine Heilpraktikerausbildung zu durchlaufen. Beide Themen kamen dann später in der Yogatherapie für mich zusammen. Das erschien mir viele Jahre lang rund. Dazu kam eine tiefe Verbundenheit in dem Wissen, dass wir alle eins sind: Jeder möchte auf seine Weise einfach nur glücklich sein. Ich habe gedacht, dass jede*r ähnlichen Erlebnisse oder Erfahrungen macht. Das mag ja sogar sein (wobei das natürlich nicht stimmt), nur das Entscheidende ist: Jede*r verarbeitet Geschehnisse anders.

Jetzt geht meine Neugier seit ein paar Jahren vom Körper über den Geist hin zur Psyche: Was sind Gesundheit und Krankheit in Bezug auf die Psyche aus yogischer Sicht?

  • Wir schauen darauf, wie die WHO Gesundheit definiert.
  • Dann gehe ich auf die Perspektive des Ayurveda und Yoga ein.
  • Dann stelle ich dir das Konzept der Koshas vor.

Die Definition für Gesundheit der WHO besagt:

„Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“

Der Ayurveda definiert Gesundheit, greift der Begriff weiter: Auch er sagt, Gesundheit ist mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit. Der ayurvedische Ausdruck für einen gesunden Zustand ist jedoch mit „svastha“ verknüpft, was etwa „Verweilen im Selbst“ oder „in sich selbst ruhen“ bedeutet. Ohne Anbindung an sein Inneres ist man also nicht wirklich gesund.

Gesund sein bedeutet im Yoga, in der Lage zu sein, Erfahrungen zu machen, sie zu verarbeiten und die eigene Aufgabe im Leben (Dharma) zu erfüllen: Wir fühlen uns gesund, wenn wir im Rahmen unserer Möglichkeiten leben und agieren können. Jemand kann nach dieser Definition aus medizinischer Sicht krank sein, sich jedoch vom yogischen Standpunkt heraus gesund fühlen, weil er mit sich im Reinen ist.

Das ist noch mal ein interessanter Aspekt, den man diskutieren kann.

Körper–Geist–Seele

Die Dreiteilung des Menschen ist schon sehr alt, aber nach Descartes „Cogito, ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) im 17. Jahrhundert glaubte die Philosophie damit einen Beweis gefunden zu haben.Das ist eine willkürliche Einteilung, die bis heute dazu führt, dass wir denken, der Körper sei vom Geist irgendwie getrennt. Dass das nicht stimmen kann, weiß jede Yogini, jeder Sportler, der mit Mentaltechniken seine Leistungen steigert, und Körpertherapeuten, die mit Patienten arbeiten.

Im Yogasystem sprechen wir auch von 3 Körpern: Es gibt den grobstofflichen, feinstofflichen und kausalen Körper. Das ist gar nicht so weit entfernt von Körper, Geist und Seele. Hier ist aber eine Interaktion dieser Ebenen, Hüllen oder Schichten mitgedacht. Man weiß, dass sie sich gegenseitig bedingen. Woher? Mindestens 3500 Jahre lang haben Praktizierende die yogischen Konzepte überprüft und hinterfragt. Und auch ich kann dieses Konzept bejahen, denn ich kann es nachvollziehen.

Und dann gibt es die 5 Hüllen (Koshas) im Yoga: Ein Konzept, das beschreibt, wie unser wahres Selbst durch Schichten oder Hüllen verdeckt ist.

Was sind die Koshas und wie „füttere“ ich sie?

Im Yoga dienen diese Hüllen als Instrumente der Wahrnehmung.

Koshas Grafik-1 Annette Bauer Yoga Xperience

Koshas Grafik Annette Bauer Yoga Xperience

  1. Annamaya Kosha, die grobstoffliche Hülle
  2. Pranamaya Kosha, die Energiehülle
  3. Manomaya Kosha, die Gefühlshülle
  4. Vijnanamaya Kosha, die Geisthülle
  5. Anandamaya Kosha, die Wonnehülle
  • Annamaya Kosha ist der physischer Körper
    Er ernährt sich aus der Nahrung, die wir ihm anbieten. Viel Prana besitzen frische und frisch zubereitete Speisen. „Du bist, was du isst!“ findet sich bereits in der Bhagavad Gita. Dein Ziel ist also, für gute Nahrung zu sorgen.
    Frage: Was nährt dich?
  • Pranamaya Kosha ist die Vital- oder Energiehülle
    Sie ernährt sich über die Lebensenergie (Prana). Dazu gehören Bewegung und Atmung, aber auch wieder die an Prana reiche Ernährung.
    Frage: Wie nutzt du deine Energie, wie lädst du sie wieder auf?
  • Manomaya Kosha ist die geistige Hülle
    Sie wird genährt über Sinneseindrücke. Hier ist auch der Sitz aller Wünsche, Bedürfnisse, der Gefühle, Ängste und Erinnerungen. Wenn du Manomaya Kosha stärken möchtest, erforsche dein Unterbewusstsein durch das Selbststudium.
    Frage: Wie gehst du mit deinen Erinnerungen und Wünschen um?
  • Vijnanamaya Kosha ist die Unterscheidungshülle
    Sie wird von Erkenntnis und Bewusstwerdung genährt. Um ihn zu stärken, muss man zur Ruhe kommen, im Yoga nutzen wir den Rückzug der Sinne und Meditation.
    Frage: Wie baust du Pausen der (absoluten) Ruhe in dein Leben ein?
  • Anandamaya Kosha ist eher ein Zustand: der Zustand der Glückseligkeit.
    Er wird genährt durch völlige innere Klarheit, der nur in Samadhi erreicht werden kann. – Also unerreichbar?
    Frage: Wann hattest du einen Aha-Moment, so etwas wie eine Erleuchtung?
    Wann immer dir ein Licht aufgeht, ist ein Moment der Klarheit da. Ein Anfang kann für dich sein, auf deine Intuition zu achten.

Finde es auch für dich heraus! Du musst mir nichts glauben, sondern sollst gern alles überprüfen.

Um Gesundheit und die Koshas zu verstehen, muss man sich einfach mal ansehen, wie Krankheiten nach diesem Konzept entstehen und wie sie sich auf alle anderen auswirken.

Krankheit, gedeutet über die Koshas

Koshas 24 Annette Bauer Yoga Xperience Bilder © www.rishiculture.de

  1. Erste Hülle: kleine Magenverstimmung oder Unfälle, Infektionen. Ursachen sind eher physischer Natur, führen aber längerfristig zu schlechtem Energiefluss (Prana) und beeinflusst damit alle anderen Hüllen.

  2. Zweite Hülle: Krankheit entsteht, wenn zu viel Prana verschleudert bzw. zu wenig aufgenommen wird: Nur auf der Couch liegen oder Extremsport treiben führt dazu. Geringe Abwehrkräfte beeinflussen aus den gleichen Gründen die anderen vier Hüllen.

  3. Dritte Hülle: Verunsicherung und emotionale Konflikte, Enttäuschungen, Trennungen oder Streit erschüttern den Menschen. Das blockiert den Pranafluss (1. Hülle), führt zu physischen Verspannungen, beeinflusst Herz-Kreislaufsystem, Verdauung und wieder das Immunsystem (2. Hülle). In dieser geistigen Hülle kann eine Störung längerfristig zu Depressionen, Burnout etc. führen.

  4. Vierte Hülle: Zweifel am Lebenssinn durch Rückschläge, Schicksalsschläge wie Trennung, Jobverlust oder den Tod eines Angehörigen etc. Die Folge kann sein: Antriebslosigkeit (Mangel an Prana) sein. Wobei Trauer einfach auch eine gewisse Zeit lang dazugehört und einen antriebslos macht. Längerfristig kann das aber die Selbststeuerungsprozesse blockieren und es kann bis hin zu Autoimmunerkrankungen etc. führen.

  5. Fünfte Hülle: Ein Mangel an spiritueller Praxis lässt uns die innere Mitte verlieren. Kein Gefühl von Verbundenheit und Sinn, kein Urvertrauen in das Universum oder Gott stört die Intuition und wirkt sich auf alle anderen Hüllen in dem Sinne aus, dass wir schlechte Entscheidungen treffen, uns nicht gut ernähren, energielos sind etc.

Jede Störungen auf einer Eben beeinflusst längerfristig alle anderen Hüllen: Unfälle führen zu schlechtem Pranafluss, zu emotionalen Leiden, zu unklarem Denken und dann fehlt der Zugang zur Spiritualität. So gibt mir dieses Konzept auch eine Idee an die Hand, wie psychische Störungen zustanden kommen könnten.

Nimm dir die Fragen zu jedem Kosha regelmäßig vor. Beobachte dich selbst. Fang damit an, was dir leicht fällt und mit der Zeit wird dir immer mehr auffallen. Am leichtesten geht es, deinen Atem und deinen Körper zu beobachten. Dann wird es feinstofflicher, das braucht etwas Übung – und oder Yoga.

Was stellst du fest? Was sind deine Erkenntnisse? Teile das gern im Kommentar. Ich bin gespannt, was du entdeckst!

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Annette Bauer

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