Selbstbewusstsein & Selbstermächtigung – Erkenne dich selbst

Lesedauer 7 Minuten

Die Grundlagen unserer Kultur liegen im Satz “Erkenne dich selbst”, der am Orakel von Delphi über dem Eingang stand. Wie erkennt man sich selbst und entwickelt Selbstbewusstsein?

Yoga als Weg der Erkenntnis

Was ist Selbstermächtigung? Gibt es Möglichkeiten, sich selbst auf die Schliche zu kommen? Klar, Yoga! Aber wie erkenne ich das, was ich erkennen soll als das zu Erkennende?

Trau dich doch mal zu sagen, wenn du etwas nicht verstehst. Oft schreckt man davor zurück, um vor anderen nicht als “dumm” zu gelten. Na und, was soll schon passieren? Wer keine Fragen stellt, erhält auch keine Antworten. Meistens haben das die anderen auch nicht kapiert, trauen sich aber nicht zu fragen. Und wenn du schon dabei bist: Fang besser an, selber zu denken, als nur zu übernehmen, was du hörst oder liest. Geh den Dingen auf den Grund. Das war der einfache Teil.

Auf die Frage, was meine Teilnehmerinnen suchen und wie ich sie unterstützen kann, geht es oft um Selbstbewusstsein und Mut. Zu weiblichem Selbstbewusstsein habe ich neulich einen Mini-Workshop zusammengestellt. Das war sehr spannend, wie sich Frauen auch selbst einschätzen und welche Faktoren das Selbstbewusstsein beeinflussen. Falls es dich interessiert, die Aufzeihnung des Mini-Workshops steht dir jederzeit zur Verfügung. Und in diesem Zusammenhang komme ich auch immer wieder auf das Wort Selbstermächtigung, englisch noch schön: Self-Empowerment. Erst wenn du dir bewusst wirst, kannst du anfangen, selbstwirksam zu werden und ermächtigst dich damit, etwas im Leben umzusetzen. Zum Beispiel deine Wünsche und Träume überhaupt ernst zu nehmen…

Ich erzähle gebetsmühlenartig immer das Gleiche: Yoga ist der Weg, der über die Erkenntnis zu Selbstermächtigung und Freiheit führt. Ich weiß das, weil ich selbst auf diesem Pfad unterwegs bin. Gelassenheit? Kein Problem mehr für mich… Na sagen wir, meistens jedenfalls. Ich habe gelernt, meinen Gefühlen zu vertrauen. Das ist nicht selbstverständlich in unserer Kultur des Selbstoptimierungswahns. Es geht um höher, schneller weiter. Und wofür? Es ist alles nur ein Schauspiel oder Illusion (Maya), eine Geschichte, die wir uns selbst erzählen: Glaube nicht alles, was du denkst!

Gute Fragen

Frag dich: Was würdest du tun, wenn du Zeit hättest? Wozu brauchst du noch mehr Geld? Und wenn du es weißt, brauchst du es wirklich, wirklich? Also in echt jetzt? Wenn du ehrlich bist, was macht dich glücklich? Mehr arbeiten und mehr Geld, oder doch lieber Zeit für Freunde und Familie, oder einfach nichts tun? Warum ändert sich an Missständen merkwürdigerweise nichts, es werden nur immer mehr? Hast du darauf Antworten, die dich beruhigen? Wenn nicht, mach einfach nicht mehr mit! Lebe dein Potenzial. Nichts muss so bleiben wie es ist, es gibt immer Alternativen. Lass dir nichts anderes einreden.

Schaue dich um, was dir bei anderen gefällt. Wenn man immer das gleiche macht und immer das gleiche arbeitet, geht das Leben vorbei ohne, dass man neugierig Neues ausprobiert hat. Wie schade! Es gibt tolle neue Projekte und alternative Lebensentwürfe. Vielleicht möchtest du mal etwas davon ausprobieren und wirst kreativ. Geh doch mal wieder ins Freibad (wenn es denn wieder geht), spiele Frisbee oder Minigolf, lies ein Buch oder guck nur in den Himmel. Vielleicht möchtest du dich aber auch in deiner Nachbarschaft engagieren wie eine Baumscheibe bepflanzen oder die Kita renovieren helfen. Das Ganze geht natürlich auch eine Nummer größer: Engagiere dich für Nachhaltigkeit, alternative Energie, Flüchtlingsprojekte oder einfach für die Bienen.

Bei sich selbst beginnen

Fangen bei dir selbst an. Die Veränderung kann nur in deinem Leben beginnen. Nimm dich selbst ernst (aber auch nicht zu wichtig!) und sorge dafür, dass du dich wohlfühlst mit dem, was du tagtäglich machst. Magst du dich selbst? Lerne Neues, sei fehlerfreundlich und ändere deine Meinung, wenn sie nicht mehr zu dir passt. Es ist wirklich egal, was andere davon halten! Hast du deinen Traumjob? Wenn nicht, dann beginne, deinen Traum umzusetzen. Von alleine wird das nichts! Und dann, wenn du glücklich bist, geh raus und verändern die Welt. Ich mach das auch so. Jeden Tag ein bisschen mehr.

Der erste Schritt ist, den Umgang mit sich selbst zu erforschen. Die innere Haltung oder Einstellung lässt uns das Leben erfahren. Sind wir froh gestimmt, sind die anderen auch eher fröhlich, sind wir traurig oder gestresst, erfahren wir auch das durch den Spiegel unserer Umwelt: Wie du es in den Wald hineinrufst…

Lob dich doch mal selbst!

Yoga ist der Weg, nicht nur Reinheit des Körper durch die Körperübungen (Asanas), des Geistes und durch Atemübungen (Pranayama) zu erlangen. Auch im täglichen Umgang mit sich selbst liegt die alltägliche Chance auf Yoga: Wie ich mit mir umgehe, erfahre ich, wenn ich mir meine inneren Dialoge anhöre: Treibe ich mich an oder schimpfe ich, wenn etwas schief läuft? Kann ich mich selbst beruhigen und loben? Wenn du dich selbst beschimpfst, respektierst du dich nicht genug. Sei für dich selbst der wichtigste Mensch in deinem Leben und sorge für eine gute Umgebung und für einen positiven, ermunternden inneren Dialog. Wenn du mit dir selbst liebevoll umgehst, wird das auch deine Umgebung widerspiegeln.

Genauso wie mit den Gedanken, kann man seine innere Haltung oder Einstellung zu Menschen und Situationen überprüfen. Im Yoga nennt man das bhavana, eine innere Vorstellung für eine gute Geisteshaltung heraufbeschwören. Wenn wir nicht wissen, was auf uns zukommt, sollte die Einstellung zumindest offen bleiben, damit wir nicht in alte Muster (Samskaras) verfallen: So ist eine neue Erfahrung nicht mehr möglich. Natürlich kann Yoga das Werkzeug sein, um diese eingeschliffenen Pfade zu erkennen und eine grundsätzlich positive Grundhaltung einzunehmen.

Was braucht es, ein freundlicher Mensch zu sein? Mir helfen ein paar Yoga-Übungen und mir Zeit für mich zu nehmen. Früher bin ich zur Arbeit gehetzt und war unleidlich. Heute gebe ich mir den Raum und die Zeit die ich brauche. Das macht mich wesentlich gelassener im Umgang mit anderen. Dafür stehe ich gern eine halbe Stunde früher auf – das ist das “Opfer”, das ich sehr gern bringen möchte. Andere Menschen benötigen abends ein Workout oder laufen im Park. Wenn es den Geist wieder in die Balance bringt, dann tu das: Geh pünktlich von der Arbeit nach Hause, wenigsten zwei Mal pro Woche: Gehen! Achte auf dich.

Yoga als Selbststudium & Empowerment

Zu Beginn merkt man vielleicht nicht viel. Nach ein paar Wochen stellt sich eine Routine ein, die der Körper liebt. Man kommt in eine Art Trance und kann entspannt seinen Geist beobachten, welche Kapriolen er schlägt. Nebenbei erfährt man etwas über die eigene Tagesform und kann sich auf den Tag vorbereiten (oder abends, um entspannen ins Bett zu gehen). Die Anstrengung wird tatsächlich zum Genuss! Das habe ich anfangs nicht geglaubt. Genauso ist es mit dem Selbststudium: Der Geist ist wie ein See, idealer Weise ruhig und klar. Meist ist er jedoch aufgewühlt, weil die Oberfläche auf jeden Wind (Gedanken = Vrittis) reagiert. Ich frage mich: Wie reagiere ich auf welchen Reiz? Das Warum ist dabei sekundär. Interessanter ist es, nicht sofort zu reagieren, sondern abzuwarten und sich selbst dabei zu beobachten. Und damit kommen wir endlich in den Bereich der Selbstermächtigung. Das Wort kommt aus dem Englischen von “selfempowerment”. Man erhöht mit diesem Selbststudium also den eigenen Grad an Selbstbestimmung, übernimmt Verantwortung für sich und das eigene Handeln.

Der Begriff kommt vom dem Sozialwissenschaftler Julian Rappaport. Er veröffentlichte 1984 das Buch “Studies in Empowerment: Steps Toward Understanding and Action”. Darn steht zum Beispiel: „Rechte zu haben, aber über keine Mittel und Leistungen zu verfügen, ist ein grausamer Scherz.“
Empowerment dient also in der Arbeit und im Umgang miteinander dazu, die Mündigkeit der Mitarbeiter und Bürger zu erhöhen. Im Klartext: Man möchte weg vom Mangelgedanken: “Ich kann ja nicht, die da oben haben die Macht“. Und hin zu einer an der eigenen Stärke orientierten inneren Haltung (aha: yogisch!). Das bei inzwischen auf den Management Etagen angekommen. Man möchte die Mitarbeiter dazu befähigen, eigene Entscheidungen zu treffen, im Team zu agieren und sich selbstwirksam zu fühlen. Im Yoga gibt es das Nach-innen-gehen (Meditation) als Werkzeug seit tausenden von Jahren, um sich selbst zu ermächtigen: Mit Yoga kann man sich besser kennenlernen und lernt, richtig zu handeln.

Selbstbewusstsein & Selbstermächtigung

Aus yogischer Sicht kann man Selbstermächtigung als angemessene Verhaltensweise und Lebenswandel begreifen. Man strebt also ein Handeln an, das ethisch korrekt und zum besten aller Beteiligten geschieht. Das hört sich schon wieder so anstrengend an: Man reflektiert sich selbst ständig, um immer alles richtig zu machen! Ich glaube jedoch, das ist viel einfacher ist als du jetzt vielleicht denkst: Denn wenn ich mir in einer Situation überlege, wie das meine Großmutter finden würde, verhalte ich mich gleich “richtiger”: das Richtige zu tun, ist tatsächlich einfach!

Wenn man nun tatsächlich seine Form gefunden hat und dafür auch korrekterweise die Verantwortung übernimmt, handelt man bereits selbstbestimmt. Das ist ein Prozess, der zur Selbstbemächtigung führt. Das Wissen darum wurde den meisten Menschen bereits anerzogen oder sie haben es durch unsere Kultur mitbekommen. Eigentlich dürfen sich alle nur einfach wieder erinnern.

Damit etwas Kompliziertes Sinn erhält, muss man es von allen erdenklichen Seiten betrachten. Das gelingt im Gespräch und Kontakt mit anderen Menschen. Das hat Jeff Krasno dazu gebracht, das Wanderlust Festival zu gründen: Ein Treff für Yogis und Sinnsucher. In seinem Buch “Yoga oder die Kunst, sich selbst zu finden” trägt er verschiedene Ansätze zusammen und lässt auch Kollegen darin zu Wort kommen. Das Ergebnis ist ein wunderschönes Buch, in dem man querbeet schmökern kann. Auf dem Klappentext heißt es: “Dieses außergewöhnliche Buch begleitet Sie auf der Reise zur besten Version Ihrer selbst. Für eine tiefere Yoga-Praxis, mehr Verbundenheit mit sich und anderen und ein aus vollem Herzen gelebtes Leben.” Sehr vollmundig, aber stimmig – ein schöner Einstieg, um sich selbst besser kennen zu lernen: Hier fangen Selbstbewusstsein & Selbstermächtigung an. Du kannst dazu auch einfach jeden Tag dein Tagebuch führen.

Yoga oder die Kunst, sich selbst zu finden

Jeff Krasno “Yoga oder Kunst, sich selbst zu finden” © Irisiana

Das Buch gleicht einer kunstvoll gestalteten Landkarte und bietet Unterstützung bei der Yoga-Praxis auf der Matte und im Leben. Denn beim Üben kommen manchmal Fragen hoch, man entdeckt  Kreativität und hat durchaus provokative Ideen. Das Buch gibt Anregungen, auch mal gegen den Strich zu denken. In diesem Sinne kann es ein Begleiter auf der eigenen Reise sein, so wie das Bedürfnis des Menschen nach Wanderlust zu einem Festival werden konnte. “Yoga oder die Kunst, sich selbst zu finden” beinhaltet Yoga-Flows, inspirierende Texte und Tipps zur Umsetzung des yogischen Gedankens im Alltag.

Es geht dabei um das Finden, deshalb sind die Kapitel entsprechend benannt: Finde

  • deine Praxis
  • deine Richtung
  • deinen Kern
  • dein Herz
  • deine Gemeinschaft
  • deinen schöpferischen Funken
  • deine Mitte
  • deinen Leitstern

Den Autoren geht es darum, das Spirituelle im Yoga zu betonen – nicht nur die  körperliche Gesundheit, sondern auch emotionales und spirituelles Wachstum. Neben den Upanishaden und dem Yoga Sutra finden auch westliche Philosophen Eingang in dieses Werk. Schuyler Grant zitiert Sokrates:

“Ein Leben, das nicht kritisch hinterfragt wird, ist es nicht wert, gelebt zu werden.”

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Annette Bauer

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