Traust du dich? Trau dich!

Lesedauer 7 Minuten

Es kann sein, dass ich mit meinem Text heute einzelne Leser*innen provoziere. Bitte nimm es nicht persönlich und nimm es gleichzeitig so persönlich, dass du wenigstens mal darüber nachdenkst.

Traust du dich?

Was mich nach der Lektüre einiger Frauenbücher so umtreibt, ist, dass wir Frauen alles mittragen: Wie wir behandelt werden, wie wir andere Frauen und sogar uns selbst heruntermachen. Ich spreche tagtäglich mit vielen Frauen, das bringt der Job als Yogalehrerin so mit sich. Und dabei ist mir aufgefallen, wie sie sich selbst runterziehen und klein machen.

Das ist so verinnerlicht, das wir nichts wert oder nicht wert genug sind, nicht liebenswert oder es nicht verdient haben – was auch immer.

Frauen können nicht einparken und sind schlecht in Mathe… ich habe es auch bei mir gemerkt, dass ich mir dabei nicht über den Weg traue!

Woher kommt das?

Ich bin selbstständig und komme seit Jahrzehnten wirklich gut klar. Meine Therapie und Coaching Praxis habe ich gerade eröffnet, ich weiß, was ich kann.

Also, woher habe ich immer diese Angst, nicht richtig rechnen zu können? Ich denke, es ist so, weil unterschwellig alle, das System, die Gesellschaft, dazu beitragen – und auch ganz offen so etwas sagen.

Meine Mann zum Beispiel: Ich werde unsicher, wenn ich ihm etwas vorrechne und er sagt dann, „das ist ja nicht so schlimm“ und korrigiert mich. Dabei mache ich meine ganze Buchhaltung selbst! Das regt mich so auf! – und gleichzeitig denke ich tief in mir drin, vielleicht hat er recht? Un-glaub-lich! Ich tue es auch: Iich trage dieses System mit – wie soll sich da etwas verändern?

Ich sage: Empört euch!

Nach meinem Mutausbruch – denn so persönlich schreibe ich sonst dann doch nicht – , möchte ich dir am Ende eine mögliche Perspektive, eine Haltungen und sogar eine Lösung aus unserem Dilemma anbieten. Davon musst du nichts mitmachen, aber wenigstens haben wir mal darüber gesprochen! Und natürlich: Im besten Falle, haben wir einen gemeinsamen Ansatz und entwickeln neue Handlungsstrategien!

Noch ein Aspekt, wenn es um deine Wünsche und Bedürfnisse geht:

Warum fällt es Frauen so schwer, ihre Bedürfnisse zu zeigen?

Das ist eine Frage, die mich schon eine Weile umtreibt.

Denn ich sehe genau darin für viele Frauen die größte Angst – sie müssen aus der Masse hervortreten, eine eigene Richtung einschlagen, um ihre Wünsche umzusetzen. Sie wissen meistens ziemlich genau, was schief läuft – und halten es weiter aus.

Oder schweigen.

Meist geht das noch ein paar Jahre so! Bis es eben nicht mehr geht.

Was meine ich? Der Mann nervt, der Job ist furchtbar, mit einer Freundin mal Tacheles reden oder sich einfach eingestehen, dass frau unglücklich ist. Was möchtest du mit deinem Leben am liebsten anstellen? Jetzt?

Und trotzdem verändern sie nichts! Im Gegenteil: Lieber noch mehr anstrengen und dabei passiv aggressiv werden, um den Alten oder die nervige Kollegin fernzuhalten.

Kennst du das von dir auch manchmal?

Stehst du für deine Bedürfnisse ein?

Statt zu sagen, was dir stinkt, ausweichen oder sogar noch netter werden, dich noch mehr ducken und es den anderen sogar abnehmen: Ein genervtes “Ich mach das schon”, wenn die Kinder wieder nicht den Geschirrspüler ausgeräumt haben. Warum können wir Frauen es nicht einfach aussitzen wie Männer? Die ignorieren Probleme im Haushalt auch monate- oder jahrelang!

Ich finde, das ist eine Kunstform, die wir Frauen wirklich erlernen sollten!

Du darfst dich fragen:

Was will ich eigentlich vom Leben? Wer möchte ich sein?

Wie gesagt: Wenn Frau etwas möchte, muss sie sich den Raum dafür nehmen.

Das haben wir irgendwie nicht richtig drauf oder, meine Theorie: Wir geben zu schnell klein bei – bevor die anderen es überhaupt so richtig wahrnehmen können. Das liegt daran, dass wir es schnell erledigt haben wollen. Selbst schuld, wir nehmen den anderen – Kindern, Männern, Kollegen – die Möglichkeit, indem wir nicht abwarten.

Geht es dann um unsere eigenen Belange – wie neuen Job suchen oder einen Schlussstrich ziehen –, hadern wie geradezu EWIG. Ist die Entscheidung gefallen, ist es Frau wiederum so klar, dass es keinen Weg zurück gibt.

Oder wie ist das bei dir?

Wir sind dazu erzogen, für andere da zu sein.

“Sich Raum nehmen” ist meistens nicht Teil der der weiblichen Erziehung. Oder nur, so lange es “niedlich” ist, darf ein Mädchen mit dem Fuss aufstampfen. Und selbst wenn du deine Töchter anders erzogen hast:

Spätestens in der Pubertät und durch Instagram greift eine neue Realität: Hübsch und angenehm sein ist wichtig und zieht sich durch alles im Leben einer Frau – bis es ihr mal auffällt. Und auch das wird uns unterschwellig in der Schule, der Werbung, der Politik und der Kirche eingeimpft.

Zum Beispiel Scham.

Auch die Werbung zielt darauf ab.

In einer bekannten Tamponwerbung: “Nimmt die Periode da auf, wo sie geschieht” – sprich: bloß kein Blut zeigen. Das ist zwar ur-weiblich, unsere Gesundheit und Stärke liegt darin, aber die Kirche hat es so gedreht, dass die Menstruation nun schambehaftet ist.

Denn den Apfel der Erkenntnis hat Eva genommen, die Schlange hat die Intelligentere gewählt (!), und nun wird uns seit fast dreitausend Jahren erzählt, dass die Frau die Erbsünde sei. Denkst du auch, du seiest schuld? Musst du dich auch ständig entschuldigen? Das machen ja viele Frauen…

Vorher war alles magisch!

Bevor die Menschen begriffen, wie Kinder gezeugt wurden, war Gebären ein magischer Akt. Es wurde als ein Wunder begriffen, wenn eine Frau schwanger wurde. Das Weibliche wurde verehrt!

Alle zusammen haben die Kinder gemeinsam aufgezogen und alle Frauen waren Mütter für alle Kinder.

Warum sollte es anders sein? Warum sollte ich mich nicht um andere Kinder kümmern, wenn sie Hilfe benötigen? Aber nein, um Gottes Willen, hält man sich heute “raus”. Alles andere ist Einmischung.

Wie konnte es soweit kommen?

Teile und herrsche: Vereinzele die Frau von den anderen Frauen und du hast sie für dich allein.

Denn es musste sichergestellt werden, dass der Stammhalter auch der eigene ist und nicht untergeschoben wurde. Das Patriarchat hat es sich bequem eingerichtet: Die Frau als Besitz des Mannes genau wie das Vieh. Sie muss den Erben gebären, genau wie das Vieh ohne Unterlass trächtig sein und wie Mutter Erde ständig Nahrung produzieren muss.

Schon mal darüber nachgedacht, wie alles Weibliche als minderwertig und als dümmer behandelt wird?

Aber warum machen Frauen denn dabei mit?

Wir haben das so verinnerlicht, dass wir einen männlichen, patriarchalischen Blick auf andere Frauen entwickelt haben. Es ist haarsträubend: Statt Schwestern sind wir Konkurrentinnen!

Also noch mal: Wie konnte es so weit kommen?

Die geniale Idee der Hexenverfolgung

Die Idee der Hexenverfolgung hat die Angst tief im kollektiven Unbewussten verankert: Nicht nur Männer, auch Frauen haben andere Frauen angezeigt, wenn sie ihnen Böses, ihren Besitz oder ihren Mann wollten. Daher die Angst vor Denunziation und vor anderen Frauen.

Oder wollte die andere Frau “nur meinen Mann”? Das sitzt bis heute im kollektiven Unbewussten, also auch in jeder Frau.

Dann natürlich die Angst vor Verfolgung, Folter und Tod unter Qualen – allein, wenn Frau anders denkt, nicht willig ist oder ihr eigens Ding machen möchte. Dann bist du „draußen“, nicht mehr Teil der Gemeinschaft.

Heute denken Frauen vielleicht: “Ich habe mein Schäfchen im Trockenen, wenn ich meinen Mann unterstütze. Dann ist er der starke Mann oder gehört zumindest zu den Mächtigen.” Das ist nicht nur das “starke” Erbgut, sondern die “richtige Seite”.

„Dann bin ich auch als Frau sicher und werde nicht so leicht angegriffen.“ Nachvollziehbar, wenn man bedenkt:

Insgesamt wurde in Europa im Zuge der Hexenverfolgung geschätzt drei Millionen Menschen der Prozess gemacht, wobei 40.000 bis 60.000 Betroffene hingerichtet wurden. Frauen stellten in Mitteleuropa die Mehrzahl der Opfer (etwa drei Viertel der Opfer in Mitteleuropa) wie auch der Denunzianten von Hexerei.” (Wikipedia)

Das hört sich vielleicht noch nicht mal viel an, ist aber ein Zehntel (oder 10 bis 15 Prozent) der damaligen Bevölkerung:

“Die Weltbevölkerung zu Beginn des 14. Jahrhunderts wird auf 360 bis 432 Millionen Menschen geschätzt (…)” (Wikipedia)

Das schlimmste daran ist, das wir Frauen das gar nicht mehr merken. Dass wir das so verinnerlicht haben, dass es uns gar nicht mehr auffällt: Oder warum konnte so ein Herr Trump gewählt werden? Weil vor allem weiße Frauen diese Männer unterstützen, sie wählen, füttern und großziehen.

Also bitte, nutze die Kraft für dich. Sorge für dich. Und sei damit ein gutes Vorbild für andere Frauen und unterstütze sie mit einer neuen Haltung dir selbst gegenüber!

Trau dich!

„Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden;
es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun.“
Johann Wolfgang von Goethe

Frauen gemeinsam sind stark!

Meine ideale Welt bringt Frauen wieder zusammen, sie unterstützen sich und geben sich gegenseitig Kraft.

Denn anstatt, dass jede von uns das Rad jeden Tag neu erfindet, ziehen wir Kraft und Energie aus der Verbundenheit mit anderen sich wandelnde Frauen. – Nur weil wir das seit Jahrhunderten nicht mehr tun, war und ist es doch die größte Kraftquelle von uns Frauen: Das Miteinander in einer Gruppe. DAS ist deine weibliche Kraftquelle, deine und unsere Superpower, um wirklich etwas für unsere Töchter besser zu machen:

  • Gender Pay Gap: gleicher Verdienst für gleiche Arbeit
  • Care Gap: geteilte Aufgaben in Haushalt & Familie
  • Gendermedizin: mehr medizinische Studien zur Frauengesundheit (bisher vorwiegend männlich, ist einfacher ohne Mens!)
  • mehr Frauen an die Macht: mehr Miteinander bedeutet auch weniger Krieg (so hoffe ich!)
  • weniger Körperscham
  • Victim Blaming: Frauen wird eine Mitschuld gegeben, wenn ihnen etwas passiert: Was hatte das Opfer an, als es vergewaltigt wurde? Fragt man das bei einem Mann? Das ist ein NO GO!
  • Ende der selbstverständlichen sexuellen Verfügbarkeit… dir fällt bestimmt noch viel, viel mehr ein!

Miteinander schaffen wir Verbundenheit und tanken Kraft – Frauen sind nur zusammen wirklich stark. Das dürfen und können wir alle wieder lernen! Und je älter wir werden, umso wichtiger ist es, sich rechtzeitig Unterstützung zu suchen. Und gleichzeitig wird es auch egaler, was andere von uns denken, oder?

Da muss ich noch mal George Bernard Shaw zitieren:

“Alte Leute sind gefährlich;
sie haben keine Angst vor der Zukunft.”

Glaubenssätze können aufgelöst werden

Die üblichen Glaubenssätze wie

… “das passiert nur mir”
… “ich bin auf mich allein gestellt”
… “ich bin nicht gut genug
… “das habe ich nicht verdient”
… “ich bin nicht liebenswert ohne etwas zu leisten”…

können sich allmählich auflösen. Du bist bereist, ein klares Nein zu anderen und ein Ja für dich selbst zu formulieren. Das fühlt sich gut an!

Die wichtigste Erkenntnis: Selbstermächtigung

Du bist nicht allein. Gemeinsam erschaffen wir einen geschützten Raum und du kommst in deine Kraft und findest zu deinem Selbstbewusstsein. Um wirklich erfolgreich in die Umsetzung zu kommen, müssen Frauen wieder mehr zusammen sein, sich austauschen und netzwerken! Das schafft die Gruppe, indem wir dich anerkennen wie du bist.

Du verstehst jetzt: DAS darf sich ändern. Und vielleicht hat es sich bei dir schon so entwickelt, dass du bereit bist für eine Gruppe von Frauen. Trau dich! Probier es aus! Sprich andere Frauen an und unterstütze sie aktiv im Alltag. Das hilft uns allen.

Mich würde interessieren, was du denkst und würde gern mit dir darüber quatschen. Wenn du Lust hast, buche gern für einen Austausch mit mir einen kostenlosen Zoomcall. Jetzt buchen!

Annette Bauer

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